RIVERSURFEN MACHT KARRIERE

Vor 1,5 Jahren bin ich nach München gezogen und da hat es mich sofort gepackt: das Flusssurffieber. Seitdem steht ein Riversurfboard bei mir in der Wohnung und auf dem Balkon trocknet regelmäßig mein Neo. Damit bin ich nicht alleine, denn Riversurfen boomt gewaltig. An der bekannten Eisbachwelle E1 hab ich zwar noch nichts zu suchen, aber an der kleineren E2 und an der Floßlände steige ich regelmäßig aufs Brett. Die Floßlände läuft allerdings erst wieder ab 1. Mai und aktuell ist noch Bachauskehr. Ich habe also genug Zeit, um nach neuen Wellen zu suchen.

Die neueste, stehende Welle finde ich in Taufkirchen bei München. In der Jochen-Schweizer-Arena kann man seit Kurzem bei 25 Grad indoor surfen. Die Welle funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie die Citywave-Schwestern beim Surf and Style-Event am Münchner Flughafen oder den österreichischen Meisterschaften letzten Sommer in Wien. Genau wie die kurzzeitig aufgebauten Wellen, verbraucht die Jochen-Schweizer-Welle viel Strom. Zwar bezieht sie diesen Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Energien, dennoch sehen Kritiker darin den ökologischen Gedanken des Surfens in Gefahr und beschweren sich über die Kommerzialisierung des Sports. Die Managerin der Welle, Mareen Scholz, ist selbst eingefleischte Riversurferin. Mehrmals platzierte sie sich ganz oben bei der Europameisterschaft im Stationary Wave Riding. Als ich Mareen treffe, reagiert sie auf die Kritik gelassen: „Dass wir eine Welle bauen, damit Leute das Surfen ausprobieren können, sehe ich nicht als Kommerzialisierung. Natürlich wollen wir Geld verdienen, aber wir brauchen auch Geld, um die Welle zu betreiben. Das ist ein Zusammenspiel. Der Vorteil bei uns ist, dass man niemanden aus der Surfszene kennen muss und trotzdem gut betreut surfen lernen kann.“ Nach unserem Gespräch darf ich die stehende Welle dann auch mal testen. Und auch wenn ich die Welle wegen des Stromverbrauchs schlecht finden möchte, muss ich zähneknirschend zugeben: Die Welle macht mega viel Spaß! Ob ich dafür allerdings knapp 35 Euro zahlen würde, ist fraglich.

Die Riversurfszene in München wächst stetig. Mittlerweile gibt es schätzungsweise 2000 aktive Riversurfer in der Stadt. „Ja, es gibt jede Menge neue Leute und nein, sie gehen nicht erst zur Floßlände, wo sie eigentlich hingehen sollten.“ Wolfrik Fischer von der Interessengemeinschaft Surfen München, kurz IGSM, findet klare Worte für die Problematik. Er hat nichts gegen Neulinge, aber er wünscht sich mehr Einsteigerwellen, um Verletzungen vorzubeugen. Die IGSM ist mit Mareen Scholz in Gesprächen und gemeinsam entsteht gerade ein Infoflyer, der einen Überblick für Anfänger des Riversurfens bieten soll.

 

Nicht nur in der Riversurf-Hauptstadt München wünscht man sich mehr Wellen. Ich habe mir zwei Wellen-Projekte mal genauer angeschaut: Die Saalachwelle in Bad Reichenhall und die Surfwelle für Wolfratshausen. Vor Ort gibt es da noch nicht viel zu sehen, denn beide Projekte sind noch in der Planungsphase. Gemeinsam mit Experten wird über die technische Umsetzung getüftelt. Auch die Finanzierung und Haftungsfragen sind ein Thema. Stefanie Kastner vom Wolfratshausen-Projekt wünscht sich eine frei zugängliche Welle: „Wir prüfen gerade, ob man das am besten über eine Vereinsmitgliedschaft löst. Eventuell könnte man die auch nur für einen Tag abschließen.“

Auch in Bad Reichenhall möchte man eine öffentliche Welle. Merlin Schönthier, Vizepräsident der Austrian Riversurfing Association und Mitinitiator, sieht in der geplanten Saalachwelle ein großes Potential für alle Bad Reichenhaller und das nicht nur, weil sie mit 21 Metern Breite die größte, stehende Welle der Welt wäre: „Das soll eine Begegnungsstätte für jung und alt werden. Egal ob man surft oder nicht. Wir würden das gerne so gestalten, dass man den Surfern auch zusehen kann und so eine Attraktion schaffen.“ Bis der Münchner Eisbach jedoch ernstzunehmende Konkurrenz von anderen stehenden Flusswellen bekommt, dauert es wohl noch eine Weile. Denn selbst bei der Urmutter des Riversurfens, der Floßlände, hat es Jahre gedauert bis sie durch einen Einbau wieder zum Leben erweckt wurde. Kein Wunder also, dass sich das bei neuen Wellenprojekten ähnlich lang hinzieht. Aber eine Welle kann man bekanntlich nicht aufhalten und ins Rollen gekommen sind die Riversurfwellen auf jeden Fall.