PIA UND JANINE FOLGEN IHREM HERZEN

Für was schlägt dein Herz? Träumst du von Snowboardtagen mit unverspurten Hängen, oder von Surftrips in exotische Länder mit leeren Line-ups? Leider sind es meist nur wenige Tage oder Wochen im Jahr, in denen man seine Leidenschaft leben kann. Für viele reichen diese kostbaren Tage im Jahr, doch einige wenige richten ihr Leben danach aus und schaffen es so ihre Leidenschaft zum Mittelpunkt ihres Lebens zu machen. Mehr Zeit für die Leidenschaft zu haben, bedeutet auch mehr Freiheit, mehr Abenteuer und mehr Risiko. Wir haben zwei Mädels getroffen, die ihrem Herzen folgen und den Traum vieler leben.

-Pia Schröter-

Love the life you live – live the life you love

Hi Pia, wie schaffst du es so oft auf dem Board zu stehen? 

Es war immer mein Traum, die Leidenschaft für das Snowboarden und Surfen mit meinem Job zu verbinden und soviel Zeit wie möglich auf dem Brett zu verbringen. Schon in der Studienzeit habe ich in den Semesterferien immer als Reiseleitung und Snowboardlehrerin in den Bergen gearbeitet und mein erster Job nach der Uni war als Eventmanagerin in der Skihalle Neuss. Meine Liebe zu den echten Bergen brachte mich dann nach Garmisch-Partenkirchen, nach meiner Zeit bei den GAP Summercamps folgten aufregende Jahre im Marketing bei Quiksilver und Roxy in München und spannende Projektmanager-Jobs bei verschiedenen Kommunikationsagenturen, die sich die Organisation von Snowboardevents, Sponsorings und Promotions im Boardsport und die professionelle Vermarktung von Snowparks auf die Fahne geschrieben hatten. Später hatte ich die Chance bei der Pressearbeit für die Freeride World Tour und auch die World Snowboard Tour (damals noch TTR) mitzuwirken. Allein durch meine Arbeit war ich immer viel in den Bergen und auf den größten Snowboard Events Europas unterwegs und hatte dabei irgendwie auch immer Zeit, mal zwischendurch eine Runde Snowboarden zu gehen. Seit drei Jahren bin ich selbständig und organisiere gemeinsam mit Aline Bock die Völkl Split & Freeride Camps und mit den Ästhetikern die Zillertal Välley Rälley. Seit fast zehn Jahren lebe ich jetzt schon im Winter in Tirol und genieße natürlich jede freie Minute auf dem Brett.

Wenn sich auf dem Wetterradar eine große Ladung Neuschnee ankündigt, schiebe ich eine Nachtschicht ein, damit ich es mir leisten kann, am nächsten Morgen die erste Gondel zu nehmen und gemeinsam mit meinen Freunden meine Line im unverspurten Powder zu ziehen. Diese Momente sind mit Geld nicht zu bezahlen und zaubern mir immer wieder ein breites Grinsen ins Gesicht. Danach gehe ich glücklich und gern, wenn auch mit etwas Verspätung, zurück nach Hause in mein Home Office und freue mich wieder auf meine Arbeit.

Im Winter in den Bergen, im Sommer am Meer. Klingt ziemlich perfekt. Wie schwierig ist es sein Leben nach seinen Leidenschaften auszurichten?

Neben dem Snowboarden ist auch das Surfen meine große Leidenschaft. Ich hatte damals durch meinen Job die Gelegenheit, ein halbes Jahr in der Nähe von Biarritz direkt am Meer zu leben und bin täglich ein bis zweimal surfen gegangen. Seitdem versuche ich im Sommer soviel Zeit wie möglich am Meer zu verbringen, arbeite von dort aus online und bereite den nächsten Winter vor. Meine Partner und Kunden wissen Bescheid und mit den neuen Medien ist das auch gar kein Problem, denn mein Office ist mein Computer.

Nebenbei arbeite ich ab und zu als Surflehrerin und bringe damit das Geld zusammen, den Sommer auch finanziell zu überleben. Es ist allerdings oft gar nicht so einfach, dort zu leben, wo andere Urlaub machen, denn meine Deadlines warten nicht auf mich, egal wie gut die Wellen sind, oder ob alle anderen gerade in der Sonne am Strand liegen, die Arbeit muss gemacht werden. Hinzu kommt natürlich, dass ich keinen festen Wohnsitz habe, im Winter bin ich meist in Innsbruck oder im Zillertal und im Sommer in Portugal, aber die Wohnungssuche startet immer wieder aufs Neue und ist nicht ganz einfach. Der Bestand meiner Klamotten und materiellen Dinge hat sich in den letzten Jahren durch diesen Lebensstil natürlich auch extrem verringert. Diese Konzentration auf das Wesentliche empfinde ich aber ehrlich gesagt eher als befreiend.

Welche Abstriche musst du machen und wie wirst du belohnt? 

Mit diesem Lebensstil spart man sicherlich nicht das Geld zusammen, um sich ein großes Vermögen für die Zukunft aufzubauen. Oft habe ich finanzielle Engpässe und lebe permanent in einer gewissen Unsicherheit. Ich habe eine gewissen Gelassenheit gelernt und die finanzielle Sicherheit losgelassen. Ich vertraue einfach, dass immer wieder neue Projekte aus dem Netzwerk heraus an mich herangetragen werden und das hat bisher immer ganz gut funktioniert. Wenn es irgendwann nicht mehr geht, kann ich ja jederzeit wieder in einem „normalen Job“ arbeiten gehen, schließlich habe ich ja studiert und jahrelang Berufserfahrung gesammelt. Hinzu kommt natürlich, dass ich immer zwischen den Saisonen lebe. Winter in den Bergen, Sommer am Meer. Es hört sich toll an, aber man lebt in einer sehr oberflächlichen Welt. Viele Menschen, die man trifft, sind nur im Urlaubsmodus, oft bin ich als Surflehrer oder Organisator von Camps und Events „nur der Dienstleister.“ Echte Freundschaften oder Beziehungen aufzubauen dauert lange und erfordert Einsatz.

Ich kann mich jedoch glücklich schätzen, dass ich es geschafft habe mir über die Jahre einen tollen Freundeskreis aufzubauen und mich dann eigentlich immer wieder auf die jeweils andere Saison und die Freunde dort freue. Und auch wenn ich nicht wohlhabend bin, so fehlt es mir an nichts! Ich habe immer genau das Geld, mir die Dinge zu kaufen, die ich wirklich brauche und bin reich an Erfahrungen, Erlebnissen, Abenteuern, ich habe eine ganze Flotte der besten Sportgeräte „zu Hause“ und mein Leben kennt keine Routine. Oft habe ich das Gefühl, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein, nämlich genau dann, wenn gerade der große Powder Alert auf dem Radar steht oder der Forecast saubere off-shore Wellen anzeigt. Ich bin körperlich fit, um auch mal über 1000 Höhenmeter zu gehen, um einen unberührten Powderhang zu erreichen und habe die Paddelpower und Kondition, um gute Wellen zu bekommen. Schließlich habe ich mit diesem Lebensstil gelernt, dass „Zu Hause“ nicht an einem gewissen Ort, sondern bei gewissen Menschen ist.

Was bedeutet dir Snowboarden? 

Seit meinem 11. Lebensjahr stehe ich auf dem Snowboard und vom ersten Tag an konnte ich an nichts anderes mehr denken. Für mich bedeutet es Freiheit, ich lebe beim Snowboarden voll und ganz im Augenblick, genieße jede Sekunde im Hier und Jetzt und im Einklang mit der Natur. Beim Snowboarden habe ich meine eigenen Ängste und Grenzen kennen und überwinden gelernt, ich habe die Komfortzone verlassen und lerne jeden Tag am Berg nicht nur auf körperlicher, sondern auch auf mentaler Ebene immer wieder etwas dazu. Snowboarden ist mein Antrieb. Durch diese Leidenschaft habe ich schon im Studium meine ganz persönliche Spezialisierung gefunden. Es war mir immer klar, wo meine Reise hingeht: In die Berge. Für mich gibt es nichts Schöneres als einen guten Powdertag mit meinen Freunden!

Welchen Tipp hast du an junge Mädels, die selbst gerne so viel Zeit wie möglich in den Bergen verbringen?  Viele junge Mädels träumen von so einem Leben. Es sieht aber von außen oft so viel einfacher aus als es ist und sollte vorher bedacht und langfristig geplant sein. Ich halte nichts davon alles stehen und liegen zu lassen und ohne Ausbildung als „Seasoner“ in die Berge zu gehen. Solche Jobs gibt es haufenweise, sie sind meist sehr schlecht bezahlt, man arbeitet viel für wenig Geld. Unterm Strich hat man dann oft auch gar nicht so viel Zeit zum Snowboarden. Wichtig ist, dass ihr eure eigenen Stärken findet, eine gute fundierte Ausbildung oder ein Studium als Basis habt und am besten genau in diesem Bereich einen Job findet – genau an dem Ort, wo ihr hin möchtet – in den Bergen! Um nicht in die „Seasoner-Depression“ zu verfallen, solltet ihr vor allem mit genügend finanziellem Backup in das neue Abenteuer starten. Andere Möglichkeiten sind zum Beispiel ein Praktikum bei den Bergbahnen, beim Tourismusverband, eine gute Position in einem Hotel, als Snowboardlehrerin mit festem Vertrag oder als Mitarbeiter bei einem Reiseveranstalter vor Ort zu arbeiten. Es gibt natürlich auch einige interessante Orte, wo man auch studieren kann und die nächsten Lifte nicht mal einen Kilometer von der Uni entfernt sind.

Würdest du rückblickend irgendetwas anders machen? Mein Weg war manchmal steinig und in Schlangenlinien. Eigentlich hatte ich nie wirklich einen richtigen Plan, nur das Ziel, in den Bergen zu leben, finanziell unabhängig und jeden Tag Snowboarden gehen zu können. So haben sich die Dinge oft ergeben, neue Jobs und Projekte kamen aus dem Nichts heraus und ich habe Chancen wahrgenommen, wenn sie sich mir boten. Auch wenn die finanziellen Aussichten oft sehr ungewiss oder sogar gen Null waren, habe ich immer mein Bestes gegeben und hart gearbeitet, unglaublich tolle Menschen mit der gleichen Leidenschaft auf meinem Weg kennengelernt und besonders über das Snowboarden Freunde fürs Leben gefunden. Ich habe unzählige Erinnerungen an perfekte Powdertage und Bilder von unvergesslichen Abenteuern im schönsten Backcountry in meinem Kopf. Das alles ist mit Geld nicht zu bezahlen und ja, ich würde es wieder tun, genauso und mit noch mehr Freude

 

 

 

 

– Janine Ritterrath –

Young, wise & free

 

Surfen ist für mich ein Weg in die Freiheit. Wenn ich schon nicht studiere, sondern irgendwie versuche gemeinsam mit meinem Herzen einen Weg zu finden, der mich glücklich macht, bin ich zumindest sicher, dass es zum festen Bestandteil meines Lebens gehört Wellen hinterher zu jagen. Mein Leben frei zu gestalten, so wie es sich für mich persönlich am besten anfühlt – genau dabei unterstützt mich das Wellenreiten.

Die Zeit, die ich in der Natur verbringe, oftmals fernab von jedem Trubel und Ego, bringt mich näher zu meinem wahren Ich und gibt mir genug Selbstvertrauen meine Träume zu verfolgen. Surfen führt mich an diesen Punkt, an dem alles egal ist: Was andere denken, die Zweifel an meinem Lebensweg, Ängste über meine Zukunft. Gerade aktiv und kraftvoll für eine Welle zu gehen, die einem Angst macht, ist eine wunderbare Übung für das Leben an Land. Surfen ist wahres Soulfood, ein 5-Gänge Menü für die Seele, und vor allen Dingen kann ich mich wunderbar mit dem Lifestyle identifizieren, da sich dieser eben hauptsächlich um Spaß und Freiheit dreht. Wenn man sein Leben auf Spaß und Freiheit aufbauen will, ist es nicht immer einfach, entspannt zu bleiben. Da ich keine konkreten Pläne für das Leben habe, sondern einfach nur darauf brenne, meine Leidenschaften auszuleben, gibt Surfen meinem Leben eine Richtung. Es ist ein Weg in die Freiheit, eine Basis, auf der ich mein Leben aufbauen kann, Treibstoff, der mich veranlasst, meine kreativen Visionen Wirklichkeit werden zu lassen, ohne dabei seriöse Gründe im Kopf zu haben, sondern Erfolg daran zu messen, wie viel Spaß ich habe.

Ich bin dankbar, dass Surfen mich gefunden hat, denn wirklich danach gesucht habe ich nie. Es ist einfach passiert, nachdem ich mit meiner Freundin vor vier Jahren der typischen Backpacker Route nach Indonesien gefolgt bin. Eine Gruppe von Jungs, die wir aus Australien kannten, haben uns dann gefragt, ob wir nicht Lust hätten mit auf die Mentawais für einen Surftrip zu kommen. Zu dem Zeitpunkt standen wir noch nie zuvor auf einem Brett, aber wir waren spontan und unabhängig, also sagten wir zu.

Wir kauften uns in Padang in Sumatra Surfboards, was eine echte Mission war. Es gibt nur einen Surfshop, der natürlich auch nur ein Beginner Board im Angebot hatte, welches dann zu meinem Glück besser zu meinen Maßen passte. Meine Freundin fand ihr erstes Board nach zahlreichen Tränen und endlosem Suchen in einem Hostel irgendwo nebenan. Also lernten wir das Surfen auf den Mentawais. Die Jungs hatten einen Heidenspaß HTs zu surfen, und wir machten uns jeden Morgen durch den matschigen, Moskito verseuchten Dschungel auf den Weg zu einem verlassenen Beachbreak. Wirklich traumhaft. Niemand dort, nur zwei komplette Kooks, die im Weißwasser die Zeit ihres Lebens hatten. Je mehr  ich über diese Zeit nachdenke, desto mehr wird mir bewusst, wie mein Leben sich einfach entfaltet. Ich muss nichts tun, sondern einfach nur dem Spaß folgen, welcher mich dann zu den guten Dingen führt. Daran glaube ich ganz fest, und Surfen als Konstante in meinem Leben zu haben, berauscht und beruhigt mich zur gleichen Zeit.