Wie man auf Tubeless umrüstet
In Zusammenarbeit mit Schwalbe
„Verdammt schon wieder platt…“ Mehr oder weniger häufig ist das den Meisten schon mal passiert. Ob Vorder- oder Hinterreifen, der Ride ist erstmal on Hold. Jetzt beginnt das Gefummel mit Ersatzschlauch (wenn man den denn dabei hat), oder noch nerviger mit Flicken. Frei nach Murphy’s Law ist der Reifen auch noch komplett verschlammt. Mit Glück hat man den Schlauch ohne Verschmutzung wieder eingebaut, aber manchmal piekst ein fieses, spitzes Steinchen den Schlauch nach dem Aufpumpen gleich wieder auf. Äh Moment, hat überhaupt jemand eine Pumpe dabei?
Wer den ewigen Plattfüßen etwas entgegensetzen mag, hat mit der Tubeless Montage der Reifen ein geeignetes Mittel. Dabei wird der Schlauch einfach weggelassen, und stattdessen eine Dichtmilch in den Reifen gegeben. Die sorgt, zusammen mit einem Tubeless-Felgenband, für eine dichte Verbindung von Reifen und Felge. Kleinere Löcher, die man sich in den Reifen fährt, verschließt die Milch sogar automatisch.
Platten adé? Sicher kann man sich auch einen Tubeless Reifen platt fahren. Aber dafür muss schon ein großes Loch in den Reifen, z.B. ein scharfer Stein, der den Reifen aufschlitzt. Tubeless hat aber den großen Vorteil, die Fehlerquelle Schlauch einfach aus der Rechnung zu nehmen. Insgesamt kommt man so mit deutlich weniger Platten davon.
Gibt’s Tubeless umsonst? Jein. Klar Milch, Ventil und Felgenband kosten ein bisschen, aber auch nicht die Welt. Was es braucht, ist die Erstmontage richtig umzusetzen. Dann wird man mit einem funktionierenden Set-up belohnt, das einen monatelang in Ruhe lässt und nur dann und wann einen Schluck Milch braucht. Kleiner Hinweis am Rande: extra Grip und Fahrsicherheit gibt’s als Bonus obendrauf….
Welche Voraussetzungen braucht es dazu am Bike? Erstmal muss die Felge Tubeless-tauglich sein. Das sind heutzutage eigentlich alle. Je älter das Bike, desto eher sollte man mal nachschauen, ob Tubeless mit den eigenen Felgen möglich ist. Meistens geht es aber auch da ohne Probleme. Auch die Reifen sollten neueren Datums sein. Da Reifen Verschleißteile sind, werden die aber eh alle ein bis zwei Jahre gewechselt, so dass Bikes nur selten zu alte Reifen haben.
Bei Tubeless kann man zwischen der ersten Montage und der Wartung der Räder unterscheiden. Die Erstmontage ist vom Aufwand her mit einem Reifenwechsel vergleichbar, während es bei der Wartung nur darum geht, dem Reifen wieder einen Schluck Milch zu verpassen, damit er weiter dicht hält. Wir schauen uns hier die Erstmontage an, und erwähnen am Ende kurz die Prozedur bei der Wartung.
Zur Erstmontage braucht man an Material und Werkzeug Folgendes:
- Tubeless-Felgenband (darauf achten, dass es zur Innenbreite der Felge passt)
- Tubeless-Ventil
- Dichtmilch (Set aus kleinen 60 ml Spritzflaschen und einer Vorratsflasche ca. 1 Liter)
- Reinigungsalkohol (Isopropanol)
- Standpumpe, die Tubeless-fähig ist
Wir haben in unserem Fall das Tubeless Easy Kit von Schwalbe verwendet. Das beinhaltet alles, was du für die Tubeless Montage benötigst.
Reifenheber und Werkzeug zum Ein- und Ausbau der Räder braucht man genauso wie beim normalen Schlauchwechsel. Viele Tubeless-Beginnerinnen verbinden die Montage gleich mit dem Einbau neuer Reifen, so hat man alles in einem Aufwasch erledigt.
Die Erstmontage von Tubeless Reifen
Schritt 1: Reifen und Schlauch entfernen und die Felge für Tubeless vorbereiten.
Es lohnt sich, die folgenden Schritte in einer sauberen Umgebung durchzuführen. Nur wenn Felge und Reifen möglichst frei von Verschmutzungen sind, kann die Dichtmilch ihren Job tun. Nachdem wir also Reifen und Schlauch von der Felge entfernt haben (auch das alte Felgenband muss runter), muss das Felgenbett von altem Schmutz und vielleicht sogar Kleberesten befreit werden. Je besser man hier arbeitet, desto einfacher hat man es später. Zuerst groben Schmutz mit einem Lappen und Spülwasser entfernen und trocknen. Dann das Felgenbett rundherum mit einem fusselfreien Tuch und Reinigungsalkohol bearbeiten bis auch die letzten Schmutzreste ab sind.
Schritt 2: Felgenband aufkleben
Nun kommt das Felgenband. Das sorgt dafür, dass die kleinen Speichenlöcher in der Felge abgeklebt werden und das System Reifen-Felge die Luft halten kann. Das Felgenband soll das Felgenbett in der gesamten Breite überdecken, aber nicht links und rechts an den Felgenhörnern hoch stehen. Vor dem Kauf also auf die passende Breite achten, die Innenbreite zwischen den Felgenhörnern ist das Maximum.
Im Prinzip ist das eine Rolle Tesaband, nur dass das Klebeband dicker und damit fester ist, damit es dem Druck standhält. Zum Abkleben der Felge setzt du dich mit dem Laufrad hin und klemmst es zwischen die Schenkel. Dann setzt Du das Klebeband in ca. 10 – 20 cm Entfernung vom Ventilloch an, bettest es schön mittig in das Felgenbett ein und drückt es fest. Das Felgenband dabei die ganze Zeit straff und mittig halten und Stück für Stück festdrücken. Vom Startpunkt aus wanderst du zuerst zum Ventilloch hin, einmal um die Felge herum und am Ende nochmal 10 – 20 cm über das Ventilloch hinaus. Wenn das Klebeband schief zur Felge sitzt, einfach wieder ein paar cm zurück und neu ankleben. Am Ende schneidest du das Band mit einer Schere ab, und drückst das Ende fest an. Es schadet nichts, dann noch einmal das Band mit den Fingern rundherum festzudrücken.
Schritt 3: Tubeless-Ventil einsetzen
Jetzt brauchen wir das Ventil. Dafür suchen wir an der Felge die Bohrung für das Ventil, die zwischen zwei Speichen sitzt. Dann drehst du die Felge und suchst die Stelle, an der die Bohrung vom Felgenband überdeckt ist. Hier müssen wir für das Tubeless-Ventil ein Loch ins Band machen. Dafür durchstößt du das Felgenband an dieser Stelle mit einem spitzen Gegenstand wie einem kleinen Kreuzschlitzschraubenzieher. Dann schraubst du den Befestigungs-Ring vom Tubeless-Ventil, setzt das Ventil in das Loch im Felgenband ein und schraubst das Ventil auf der anderen Seite der Felge mit dem Ring wieder fest. Jetzt sind wir schon fast fertig.
Schritt 4: Reifen aufziehen
Beim Reifen musst du auf die richtige Laufrichtung achten. Dafür gibt es einen Pfeil an der Seite des Reifens, der einem die richtige Dreh-Richtung des Reifens zeigt. Entsprechend der Laufrichtung ziehst du den Reifen auf die Felge auf, allerdings zuerst nur eine Seite. Manchmal geht das ein wenig streng. Dann hilft es, den Teil des Reifens, der schon auf der Felge sitzt, in die Mitte des Felgenbetts zu schieben. Dort ist die Felge ein wenig kleiner im Durchmesser, so dass der Reifen wieder ein wenig lockerer sitzt und leichter aufzuziehen geht. Das kann anfangs ein wenig Gefrickel sein und der Reifen kann ein paar Mal wieder von der Felge rutschen. Reifenheber und ein bisschen Spüli als Gleitmittel helfen, wenn es zu streng wird. Nicht aufgeben. Ist die erste Seite komplett, geht es gleich zur nächsten Seite. Stück für Stück vorarbeiten und sobald es streng geht, den Reifen wieder in die Mitte der Felge schieben. Gegen Ende kann es sein, dass man wieder mit Reifenhebern arbeiten muss. Wenn dann das letzte Stück in die Felge rutscht, kann man sich freuen. The hard part’s over!
Schritt 5: Reifen aufpumpen
Wie jetzt, Reifen aufpumpen? Was ist mit der Milch? Nun, zuerst solltest du dafür sorgen, dass der Reifen gut auf der Felge sitzt. Denn wenn der Reifen noch nicht gut sitzt, die Milch aber schon im Reifen ist, spritzt beim Aufpumpen gern mal die Milch wieder heraus. Also muss der Reifen einmal mit hohem Druck aufgepumpt werden, so dass die Reifenflanke sich ins Felgenbett setzt. Dazu nimmst du eine der Tubeless-tauglichen Pumpen (mit Hochdruck-Tank) oder den Kompressor an einer Tankstelle. Jetzt pumpst du den Reifen auf. Ab 3 bis 4 Bar Luftdruck setzt sich der Reifen ins Felgenbett. Nicht erschrecken, das knallt dann ein bisschen. Das ist aber genau der Sound, den man hören möchte. Wenn es nicht mehr knallt, gibt man noch ca. 0,5 bar mehr Druck auf den Reifen um sicher zu gehen. Dann lässt du die Luft wieder ab.
Schritt 6: Tubeless-Milch einfüllen
Zuerst schraubst du das Ventil aus dem Ventilkörper. Jetzt setzt du eine der kleinen 60 ml Spritzflaschen an das Ventil an und füllst die Milch ein. Am Besten steht das Ventil beim Ansetzen der Flasche oben (Öffnung zeigt nach unten), so läuft nichts aus. Dann drehst du das Laufrad samt Spritzflasche nach unten und füllst die Milch ein. Zum Abnehmen der Flasche das Laufrad wieder zurück drehen. Im Idealfall geht das, ohne dass ein Tropfen der Milch ausläuft. Bekommt der Reifen zum ersten Mal Dichtmilch zu sehen, kann man noch einmal eine halbe Flasche dazu geben, also insgesamt 90 ml je Reifen. Jetzt nur noch das Ventil in den Ventilkörper einschrauben, auf den gewünschten Druck aufpumpen und fertig! Damit sich die Milch gut in den Reifen verteilt, am Besten gleich mal eine Viertelstunde herumfahren, oder idealerweise gleich auf den Trail!
Wartung
Zur Wartung des Systems reicht es alle paar Monate Schritt 6 zu wiederholen. Wenn die Milch im Reifen langsam austrocknet, hält auch der Reifen irgendwann nicht mehr komplett dicht. Das merkst du daran, dass der Reifen über Nacht die Luft nicht mehr ganz hält. Solange der Reifen also die Luft hält, brauchst du in der Regel nichts tun, außer dein Sorglos-Tubeless-Setup zu genießen!