Dieser Artikel stammt aus der Golden Ride Vanlife Issue. Diese und andere Ausgaben kannst du selbstverständlich auch bei uns bestellen.

Vanlife mit Respekt

Ich stelle die Lehne des Beifahrersitzes nach hinten und strecke meine Füße in den warmen Fahrtwind. Wir tuckern mit unserem T4-Camper über nordspanische Hügel, durch malerische Dörfer und Eukalyptuswälder. Unser Ziel: ein Surfspot, der trotz des geringen Swells ganz ordentlich laufen soll. Ein abgelegener Strand, der in keinem Surfguide aufgelistet ist. In einem kleinen Dorf biegen wir scharf links auf die schmale Straße ab, die zum Meer führt. Wir träumen von einer einsamen Bucht, mit Wellen nur für uns.

Doch weit gefehlt! Wir erblicken ca. 150 Wohnmobile, die Stoßstange an Stoßstange nebeneinander stehen. Da unsere Hoffnungen auf gute Wellen erfüllt werden, suchen wir uns einen freien Platz, stürzen uns in die Fluten und beschließen die nächsten Tage hier zu verbringen.

Trotz einer tollen Zeit in entspannter Atmosphäre, hat uns der Aufenthalt zu denken gegeben. Auf dem Parkplatz ohne WC hielten sich ca. 300 Menschen auf, von denen sich die meisten wenig Gedanken machten, was sie den Dorfbewohnern und Küstenwanderern auf Feldern und Wegen hinterlassen. Auch die beiden großen Mülltonnen waren innerhalb eines Tages hoffnungslos mit Hausmüll, leeren Flaschen und sogar Sperrmüll überfüllt. Die Busse standen teilweise kreuz und quer durcheinander, sodass die lokalen Muschelsammler und Strandbesucher keine Chance hatten, die kleine Bucht über den Parkplatz zu erreichen. Wir dachten an den Bauern, dessen Feld mit menschlichen Exkrementen übersät ist, an die kleine Frühstückspension im Dorf, deren Gäste sich über 300 Kackhaufen beschweren, durch die sie auf dem Weg zum Strand Slalom laufen müssen und an alle Strandbesucher, die erstmal den Gestank von stark riechenden Mülltonnen ertragen müssen, bevor sie die Meeresbrise genießen dürfen. Hier drängte sich uns die Frage auf, wie lange das Freecampen an diesem Ort wohl noch so entspannt geduldet wird, wie bisher?

Sind wir doch einmal ehrlich: Als Vanlife-Nomade ist man SO für die Menschen einer Region wirklich kein Segen. Man deckt sich mit Lebensmitteln aus einem großen Supermarkt ein und parkt die schönsten Flecken ihrer Gegend zu. Man breitet sich aus, kocht selbst und hinterlässt noch jede Menge Müll. Alles, was man hinterlässt sind ein paar Haufen am Wegrand. Dass man dann von den Locals schief angeschaut wird, wenn man den Morgenkaffee vor dem Van genießt, ist nachvollziehbar. Doch muss das denn wirklich so sein? Könnte es nicht auch ein positives Miteinander zwischen Busvagabunden und den Bewohnern der schönsten Spots Europas geben?

Wir bezeichnen unseren Camper gerne als unser „Rolling Home“ und genauso wie der Van ist auch der Platz, den wir uns für kurze Zeit aussuchen, ein Teil unseres Zuhauses. Wenn es angemessen ist, ist ein kleiner Bereich davor unsere Terrasse, die Dorfbewohner unsere Nachbarn und die Umgebung unsere Hood, in der wir mit dem Hund Gassi gehen, einkaufen, Sport treiben, arbeiten, schlicht: leben. Wie den meisten Sesshaften, liegt uns viel daran, die Schönheit der Region zu erhalten. Wir wollen mit unseren Nachbarn entspannt umgehen und die Idylle nachhaltig genießen. Als Vanlifer sehen wir uns nicht als pure Konsumenten an einem Ort, sondern identifizieren uns ein stückweit mit ihm. Wir glauben, dass wir dies durch unser Verhalten als „Faicamper“ den Menschen und der Natur auch so vermitteln sollten.

Deshalb haben wir eine Art Leitfaden für diejenigen erstellt, die diese Meinung teilen. Wir hoffen, irgendwann entsteht daraus eine Community, die mit guten Vibes und dem Faircamper Sticker auf dem Fahrzeug signalisiert, dass sich die Anwohner keine Sorgen um diesen Bus machen müssen, der sich nebenan auf die Klippe stellt.

Buy local

Da hilft es natürlich, wenn man seine Lebensmittel nicht ausschließlich im großen Supermarkt in der nächsten Stadt kauft, sondern sich im Dorf erkundigt, wo die nächste Backstube, der regionale Metzger oder vielleicht sogar ein Bauer ist, der seine Eier ab Hof verkauft. Auf dem ersten Blick ist das natürlich etwas mühsamer und zeitintensiver, aber wir sind schließlich meist nicht im Terminstress und zudem haben solche Streifzüge durch das Dorf einen unbezahlbaren Mehrwert. Nicht selten kommt man in ein nettes Gespräch mit den Dorfbewohnern, bekommt ein paar Geheimtipps oder trinkt Abends noch ein Bier in der Dorfbar mit den Mädels und Jungs, die ihre Wellen am nächsten Tag mit einem teilen. Am Ende ist es doch genau das, was das Reisen ausmacht: das Land erleben und Teil der Kultur werden – also BUY LOCAL.

Reduce and Reuse

Eine Vanlife-Crew, die eine kleine Mülltüte in den Müllkorb am Strand wirft, ist sicher kein Problem. Doch der Sommer ist lang. Roadtrips sind so stark im Trend, wie zuletzt zu Hippiezeiten. Da können an einschlägigen Surfspots schon mal einige hundert Busse zusammenkommen. Die kommunale Infrastruktur kommt hier schlicht an ihre Grenzen. Als temporäre Bewohner eines Ortes geht uns Mülltrennung genauso an. Wer sich daran hält, hilft nicht nur regionale Müllprobleme in den Griff zu bekommen, sondern hat auch globale Umwelt-Probs verdient. Zugegeben ist das im Van nicht immer eine leichte Aufgabe, weshalb die Faircamper-Devise lautet, nicht nur Müll zu trennen sondern vielmehr: REDUCE AND REUSE.

Do give a shit

Neben dem Müll stören sich viele Einheimische zu Recht daran, dass die Camper ihre Felder, Wiesen, Wälder und sogar Wege als Toilette benutzen. Dieses Problem nimmt an stark frequentierten Wildcamp-Spots wirklich ekelige Ausmaße an. Wir möchten gar nicht daran denken, was wir machen würden, wenn das vor unserer Haustüre passieren würde. Deswegen ist unsere große Bitte an alle Camper und Naturgenießer: „DO GIVE A SHIT about your sh…!“ Wir nennen unseren Begleiter immer liebevoll den „Kackspaten“ und heben eine kleine Latrine aus. Das Papier ist abbaubar oder wird einfach wieder mitgenommen und weggeworfen. Loch wieder zu und schon stört das Geschäft niemanden mehr. Es gibt angenehmer Dinge im Leben, aber hey – wir campen alle freiwillig!

Spread the spirit

Und das ist auch das Stichwort für ein weiteres Faircamp-Credo. Wir denken auch mal für andere mit, heben Müll auf, den nicht wir in die Natur geworfen haben oder veranstalten ein Beach Clean-up. Jedes Mal, wenn wir mit gutem Beispiel vorangehen, zieht vielleicht ein anderer nach. Solche kleinen Gesten wissen gerade Locals erfahrungsgemäß besonders zu schätzen. Wir hatten schon wunderbare Begegnungen, die wir nicht missen wollen. In diesem Sinne: „SHOW RESPONSIBILITY“, stecke die Sünder mit deinen guten Taten an. So wächst unsere Community hoffentlich immer weiter und wir verbreiten positive Vibes. Also SPREAD THE SPIRIT und ladet gerne viele Vannomaden zu unserem Projekt ein (ob mit oder ohne Sticker), damit Sanktionen, Missmut und Verbote nicht nötig werden und wir noch viele Jahre in unserem Billionstar-Hotel schlafen können, bevor wir auf einer Klippe mit Meerblick aufwachen.

 Wir freuen uns über jeden, der mitmacht. Unter  Roots and Wings  kannst du dich informieren und ganz einfach per Email deinen Sticker bestellen. Außerdem haben wir eine Facebookgruppe: „FaircamperByRootsAndWings“ in der wir uns austauschen, inspirieren und das Vanlife gemeinsam feiern.

 In diesem Sinne: ENJOY YOUR TRIP AND LEAVE NOTHING BUT FOOTPRINTS!