Camilla & und ihr großer Auftritt in Teahupoo

Als erste deutsche Surferin qualifiziert sich Camilla Kemp für Olympia. Surfen ist erst zum zweiten Mal eine olympische Kategorie und gleich zwei Deutsche konnten sich die begehrten Plätze sichern. Camilla wuchs mit ihrer Familie, die deutsche Wurzeln hat, in Portugal auf und wurde zunächst von ihrem älteren Bruder zum Surfen inspiriert. Wellenreiten wurde ihre große Leidenschaft und ihr Lebensmittelpunkt.

2012 nahm sie erstmals an der WSL Women’s Qualifying Series teil und war von 2021 bis 2023 ein bekanntes Gesicht in der WSL Women’s Challenger Series. Als erste deutsche Surferin, die ihr Land bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris vertritt, ist dies ein aufregendes Jahr für Camilla. Bevor sie nach Tahiti zurückkehrt, um vor den Spielen in Teahupo’o weiter zu trainieren, hat sich ihr Sponsor dryrobe mit Camilla getroffen, um mehr über ihren Weg als Profi-Surferin zu erfahren und darüber, wo sie steht, wenn Paris 2024 näher rückt. Auch uns interessiert, was die Surferin kurz vor diesem wichtigen Event durchlebt:

 

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Wir freuen uns, dass wir dich letztes Jahr bei deinem Film „Camilla“ unterstützten konnten, der einen inspirierenden Einblick in deine Reise als professionelle Surferin bietet. Du sprichst darüber, wie du schon als Kind nur Surfen wolltest, und du beschreibst es als eine Sucht. Was ist es, dass du am Surfen im Vergleich zu anderen Sportarten liebst?

Ich denke, es ist ein sehr magisches Gefühl, das man beim Surfen bekommt und es macht sehr süchtig. Jede:r, der/die es zum ersten Mal ausprobiert, fühlt es und möchte es wieder tun. Ich denke, das liegt daran, dass man im Ozean wenig kontrollieren kann. Jeder Tag ist eine neue Herausforderung und mit jede Welle kann man auf eine andere surfen. Es ist ein Sport, bei dem man nie Perfektion findet, man findet nur seinen eigenen Rhythmus, und das ist das Besondere am Surfen. Ich denke, es ist einfach eine Verbindung, die wir mit der Natur haben, die man bei anderen Sportarten nicht findet. Aufgewachsen in der Nähe des Meeres, war es immer für mich da und es geht nie weg. Ich bin jetzt 28 Jahre alt und fühle mich immer noch wie ein Kind, wenn ich surfe – und ich denke, das ist das Besondere daran.

Surferin Camilla Kemp

Wir lieben deine Botschaft, dass Surfen mehr Frauen im Wasser braucht. Warum ist es dir wichtig, Frauen im Surfen zu pushen, besonders in Deutschland?

Ich denke, im Allgemeinen wächst Frauen-Surfen, und man kann sehen, dass es in größeren Wellen und mit progressiveren Manövern vorangetrieben wird. Wir verdienen die Plattform, die wir jetzt bekommen, und es ist cool, Teil dieser ganzen Entwicklung zu sein. Die erste weibliche deutsche Olympia-Surferin zu sein, ist mein Weg um zu zeigen, dass alles möglich ist und anderen Frauen die Möglichkeit zu geben groß zu träumen. Sogar in Deutschland ist es möglich Profi-Surferin zu werden und wir bekommen die Struktur, die wir brauchen, um eine der Besten zu sein. Ich möchte jüngere Mädchen dazu inspirieren, Großes zu erreichen und an sich selbst zu glauben. Ich denke, es ist ein Privileg, dass ich darüber sprechen und dieser Anstoß sein kann.

Hat dir die Möglichkeit, für Deutschland bei den Olympischen Spielen anzutreten, zusätzliche Motivation gegeben?

Definitiv, ja. Selbst jetzt, wo es in einer der furchteinflößendsten Wellen stattfindet, denke ich, dass es mein Surfen auf die nächste Stufe gebracht hat. Ich teste dabei meine Grenzen neu aus. Das ist das Coole: Surfen entwickelt sich immer weiter, und ein Teil davon zu sein und Teil der Generation von Surferinnen zu sein, die die Grenzen verschieben, ist einfach cool. Und für mich ist es ein Privileg Deutschland auf so einer großen Bühne wie den Olympischen Spielen zu repräsentieren. Ich hoffe, ich kann mein Bestes geben!

Erst mal noch Gratulation zu deiner Teilnahme bei Olympia! Wie hast du dich gefühlt, als du wusstest, dass du als Olympionikin für Deutschland surfen würdest?

Es war ein lebenslanger Traum. Surfen ist erst zum zweiten Mal bei Olympia dabei, also haben sich nur eine Handvoll oder zwei Handvoll (lacht) von Surfer:innen jemals für die Olympischen Spiele qualifiziert. Also, Teil dieser wenigen zu sein, ist toll und die erste für Deutschland zu sein ist Wahnsinn! Es fühlt sich immer noch verrückt an und nicht wirklich echt. Aber mit den Vorbereitungen realisiere ich es langsam immer mehr.

Im Jahr 2020 hattest du das Gefühl, dass du ‚genau dort bist, wo ich sein möchte‘, nachdem du die Entscheidung getroffen hast, für Deutschland zu surfen. Warum war das ein so definierender Moment in deiner Karriere?
 
Ich denke, der Übergang vom Aufwachsen in Portugal und dann die Entscheidung zu treffen, meine Karriere für Deutschland zu verfolgen, war so, als müsste ich meine Geschichte löschen und eine neue beginnen, was damals verrückt war. Aber sobald ich die Entscheidung getroffen hatte und meine Karriere in Deutschland begann, war es die beste Entscheidung, die ich je getroffen hatte.

Ich habe die Struktur bekommen, die ich immer wollte und die ich vorher nicht hatte. Ich habe ein großartiges Team, von dem ich weiß, dass ich es ohne sie nicht bis zu den Olympischen Spielen geschafft hätte – ich bin einer kleinen Familie beigetreten, und ich denke, das ist es, was alles lohnend gemacht hat. Wir sind ein so verbundenes Team. Wir haben all diese Leute aus verschiedenen Kulturen, mit dem deutschen Pass und leben nicht alle in Deutschland. Aber das hat uns zusammenwachsen und stark werden lassen. Und ich denke, deshalb habe gespürt, dass ich Teil von etwas Größerem war. Und natürlich, jetzt, mit den Olympischen Spielen, bin ich Teil von etwas Größerem als nur meinem Sport, ich bin Teil eines großen Teams und der besten Athlete:innen der Welt. Und das hat mich fühlen lassen, dass ich dorthin gehöre und ich war wirklich glücklich mit meiner Veränderung.

Surferin in der Surftown Muc

Foto: Surftown Muc

Camilla Kemp

Vor einem Monat warst du in Tahiti zum Training und bist Teahupo’o gesurft – eine der ikonischsten, aber auch herausforderndsten Wellen der Welt! Bist du dort schon einmal gesurft und wie war es?

Es war mein erstes Mal, und es war unglaublich und beängstigend zugleich. So ein Gefühl hatte ich noch nie! Es ist ein Kampf in deinem Kopf – du willst wirklich rausgehen und dein Bestes geben, aber gleichzeitig bist du vorsichtig. Du willst sehen, wo das Riff ist, und du willst alles herausfinden.

In deinem Kopf sagt etwas, dass du loslegen sollst, aber auch, dass du es nicht übertreiben sollst! Es ist ein verrücktes Gefühl. Es ist so eine starke Welle, sie macht einen wirklich demütig. Man geht zurück zu den Basics des Surfens, was toll ist. Man ist umgeben von einem Paradies und der wunderschönen Natur. Es ist ein schönes und gleichzeitig beängstigendes Gefühl. Jede:r, der/die dorthin geht, selbst wenn man nur im Channel bleibt und das Meer spürt, fühlt sich mit dem Ozean verbunden.

Wie groß waren die Wellen, als du dort warst?

Ich hatte ein paar kleine Tage und auch ein paar große Wellen. Ich habe ein bisschen von allem bekommen und alle Facetten von Tahiti gesehen. Die Welle selbst ist immer eine beängstigende Welle, es ist immer eine große Welle. Es ist nie einfach, die Welle hat immer ihre Herausforderungen. Es ist eine Welle, die du so gut wie möglich kennenlernen und auf der du so viel Zeit wie möglich dort verbringen möchtest, um zu trainieren und dich vorzubereiten.

Wie läuft das Training im Allgemeinen und wo hast du außerhalb von Tahiti trainiert?
Es läuft gut. Ich habe überall trainiert. Ich durfte den ersten Wavepool in Deutschland ausprobieren. Wir dadurch auch einen kleinen Trainingsplatz in Deutschland, was wirklich cool ist. Es ist eine große Sache für das deutsche Surfen und ich hatte das Glück, die ersten Wellen auszuprobieren – das war ein wirklich cooles Gefühl. Also habe ich dort viel trainiert. Auch hier in Portugal habe ich viel mit meiner kleinen Crew trainiert. Ich war einmal auf Tahiti und fliege vor Olympia noch mal dorthin. Das Training war härter als je zuvor, ich möchte so gut wie möglich vorbereitet sein – daher gibt es keine freien Tage für mich, bis die Olympischen Spiele vorbei sind (lacht)!

Camilla Kemp
Camilla Kemp, Surferin
Camilla Kemp

Foto: dryrobe

Worauf freust du dich am meisten beim Wettkampf bei den Olympischen Spielen?

Der Moment, in dem ich antrete, wird großartig sein. Ich werde alles fühlen, wenn ich dort in meinem Trikot bin und darauf warte, ins Wasser zu springen. Ich denke, das wird der Moment sein, wenn es sich endlich echt anfühlt! Und abgesehen davon freue ich mich einfach darauf, etwas zu erleben, das größer ist als mein Sport. Ich freue mich darauf, andere Athlet:innen zu treffen. Ich denke, das ist das Tolle an den Olympischen Spielen, dass du andere Sportarten und andere Athlet:innen treffen und sehen kannst.

Und was steht für den Rest des Jahres bei dir an?

Nach den Olympischen Spielen beginnt meine europäische Saison, also wird es eine aufregende Zeit. Ich freue mich darauf, noch einmal in der Qualifying-Serie in Europa anzutreten und mich hoffentlich wieder für die Challenger-Serie zu qualifizieren. Ich habe mich dieses Jahr qualifiziert, aber ich sagte, ich würde dieses Jahr nicht an der teilnehmen wegen der Olympischen Spiele – ich wollte mich zu 100 % darauf konzentrieren. Also freue ich mich sehr auf die neue europäische Saison und hoffe, ich kann mein Bestes geben, mein Surfen zeigen und natürlich viel Spaß haben und gute Ergebnisse in Europa erzielen!

Camilla Kemp Olympia

Surfen bei Olympia 2024

Surfen ist zum zweiten Mal Teil der Olympischen Spiele. Frankreich ist Gastgeber der Sommerspiele und der Surf-Contest findet auf Französisch Polynesien, auf der legenedären Welle Teahupoo vor Tahiit statt. In einem Zeitfenster von 10 Tagen werden vom 27. Juli bis 08. August an vier Tagen die Surf-Wettbewerbe ausgetragen. 

Je 24 Frauen und Männer konnten sich für die Olympischen Spiele qualifizieren. 

In der Surfwelt gab es einen großen Aufschrei, da ein neuer Tower vor der Welle gebaut werden sollte, der das Korallenriff vor der legendären Welle beschädigt hätte. Nach vielen Protesten wurde nun ein kleinerer Aluminiumtower errichtet, der  das Riff angeblich nur wenig beschädigt hat. 

Folge Camilla auf ihrem Weg zu Olympia!

Lies über mehr inpsirierende Frauen und spannende Surf-Abentuer in der neuen Surf-Ausgabe:

Surfmagazin

The ocean within

Surf Issue 24

In dieser Surf Ausgabe floaten wir zwischen den Wellen und tauchen tief in den Ozean ein. Die Stories erzählen von inspirierenden Surferinnen, leben am Meer, abenteuerlichen Surftrips und unserer Verbindung zum Salzwasser.