Foto: Jens Scheibe

 Die Bergfreundinnen verraten ihre Bikepacking-Geheimtipps

Autorin: Franziska Simon / Kaddi Kestler

Die wichtigsten Sachen in Taschen packen, diese ans Rad schnallen, draufsetzen und los geht’s! Bikepacking ist super unkompliziert und maximal spontan. Deswegen wird die lässige Art der Fahrradreise auch immer beliebter. Aber so ganz ohne Vorbereitung kannst du dann doch nicht in dein Bike-Abenteuer starten. Auf was du bei den Themen Routen- und Gepäckplanung achten solltest, verraten dir die Bergfreundinnen.

Mit ihren Gravelbikes sind sie in 14 Etappen von München nach Paris gefahren – 1.300 Kilometer und über 10.000 Höhenmeter. Sturm, Stürze und Pannen. Großartige Ausblicke und schmerzende Tiefpunkte. Über sich hinaus und als Freundinnen zusammenwachsen. Auf ihrem Weg sind die drei Frauen durchs Allgäu, den Schwarzwald und die Vogesen gekommen, haben die Profis bei der Tour de France angefeuert und interessante Frauen getroffen. Los geht’s mit den Tipps von Toni, Kaddi und Cathi.

Der erste Schritt: Die Routenplanung

Die erste Herausforderung ist die Wahl des richtigen Planungstools. Schließlich gibt es eine große Auswahl an Anbietern und Plattformen. Wir haben uns für Komoot entschieden. Es ist das Tool, das im Bike-Bereich am weitesten verbreitet ist, und mit dem die meisten Bikepacker:innen arbeiten, weil man damit sehr nutzerfreundlich auch Mehrtagestouren planen kann. Zuerst haben wir uns von Komoot die direkte Route von München bis Paris ausspucken lassen, um ein Gefühl für die Entfernung und die Zeit, die wir einplanen müssen, zu bekommen. Dann haben wir Orte hinzugefügt, die wir unbedingt besuchen wollten: Zum Beispiel Tonis Heimat, Kempten im Allgäu, oder den Schwarzwald und die Vogesen. Kaddi hat außerdem nicht immer explizit fürs Gravelbike geplant, sondern auch mal laut Komoot eigentlich nur fürs Mountainbike geeignete Wege ausgewählt, um uns ein bisschen Trail-Spaß zu ermöglichen. Dabei erweist sich die Funktion „Trailview“ als hilfreich, weil man dabei auf Fotos anderer User:innen sehen kann, ob der Weg wirklich auch mit dem Gravelbike machbar ist.

Tipp: Das Tool der Wahl vor deiner langen Bikepacking-Tour unbedingt testen und herausfinden, was die einzelnen Einstellungen bedeuten, zum Beispiel mit welchem Fitness-Level der App (z.B. „gut in Form“) du dich gut identifizieren kannst. Denn wie viel du pro Tag fahren kannst, hängt nicht nur von der Kilometerzahl ab – die Höhenmeter, die Wegbeschaffenheit und die technischen Schwierigkeiten der Strecke spielen ebenfalls eine große Rolle.

Bergfreundinnen Gravel Bikepacking Straßensperrung

Foto: Bergfreundinnen

Lieber früher planen und dafür entspannter starten!

Es gilt eben wie bei jedem (Berg-)Sport: lieber erst „klein“ anfangen und sich langsam herantasten. Bei uns Bergfreundinnen waren die Rad-Skills ziemlich unterschiedlich. Während wir mit Kaddi eine sehr erfahrene und aktive Radsportlerin dabeihatten, mussten Toni und vor allem Radsportbeginnerin Cathi vor der großen Tour noch ziemlich viel trainieren, lernen sich auf dem Rad richtig einzuschätzen und auch mal. Das nimmt viel Zeit Anspruch – also starte besser so früh wie möglich mit der Planung und den Vorbereitungen. Da sich Kaddi dank ihrer Erfahrung am besten auskennt, hat sie sich um unsere Strecke gekümmert, und sich zeitweise ziemlich darin verloren, diese immer weiter zu perfektionieren. Für uns als Bergfreundinnen waren natürlich der Blick auf die Berge und auch ein paar Pässe ein MUSS. Unsere 14 Tagesetappen lagen zwischen 30 und 150 Kilometern und zwischen 100 und 1.800 Höhenmetern.

Tipp: Irgendwann musst du es einfach gut sein lassen. Die perfekte Route gibt es nicht – und ein bisschen Abenteuer gehört schließlich dazu. Vergiss trotzdem nicht, immer auch alternative Routen als Schlechtwetteroption zu planen oder dir die Möglichkeit zumindest offenzuhalten.

Bikepacking Bergfreundinnen Kaddi

Foto: Jens Scheibe

Vom Planungstool auf die Straße

Wie bekommst du deine Tour jetzt aus dem Laptop auf die Straße? Die Oldschool Variante mit der Landkarte ist auf dem Fahrrad keine so praktikable Idee. Auf der Smartwatch hat man wegen des kleinen Displays nur einen schlechten Überblick über die Karte, am Handy zieht die Navigation recht viel Akku und wenn man doch mal stürzt, ist das Handy am Lenker natürlich in Gefahr… Für Kaddi war ohnehin klar, dass sie uns mit ihrem Fahrradcomputer, den sie auch zum Mountainbiken nutzt, bis nach Paris navigieren wird. Das hat dank der guten Planung und Kaddis Erfahrung im Navigieren auch super geklappt. Und falls wir uns doch mal unsicher waren, konnten wir unser Handy und die Komoot-App befragen. Aber auch hier gilt: Immer individuell überlegen und testen. Vielleicht hast du keinen Fahrradcomputer – die sind schließlich nicht ganz billig. Und vielleicht ist für dich eine Smartwatch oder das Handy die bessere Variante oder eben doch die gute alte Landkarte.

Von der Routenplanung zum Gepäck

Bevor es losgeht, muss aus deinem Rad noch ein Packesel werden und dafür brauchst du Taschen. Bevor du dir eine Radtasche kaufst, schaue dir dein Rad ganz genau an und vermesse es am besten direkt! Denn: Nicht jede Tasche passt an jedes Rad. Und je kleiner das Bike, desto schwieriger kann es mit den Fahrradtaschen werden. Da sind wir Frauen mit unseren oft kleineren Rahmengrößen leider im Nachteil. Aber es hilft zu recherchieren, denn einige Hersteller haben die Marktlücke und uns als Zielgruppe entdeckt, und entwickeln immer mehr spezielle Taschen für kleine Bikes. Bei einigen gibt es auf den Websites Schablonen zum Ausdrucken, die du an dein Rad halten kannst, um die Passform zu checken. Bevor du die Taschen an deinem Rad befestigst und losfährst, klebe die Kontaktstellen der Taschen am Rahmen mit Schutzfolie ab. Wenn Sand oder Schmutz zwischen die Straps der Taschen und den Rahmen kommen, hast du dort sonst hinterher hässliche Kratzer im Lack. Es gibt spezielle, robuste Schutzfolie für Fahrräder, aber durchsichtiges Klebeband funktioniert fast genauso gut.

Bikepacking Kaddi Bergfreundinnen Paris

Foto: Tobias Henkenhaf

Tipp: Probiere dein fertiges Set-up auf jeden Fall aus, bevor du deine große Tour startest. So findest du schnell heraus, ob die Taschen zum Beispiel beim Schalten oder Lenken stören, beim Pedalieren im Weg sind, irgendwo reiben, nicht fest genug sitzen oder ob direkt alles perfekt funktioniert.

Die Taschen der Bergfreundinnen

Weil wir drei völlig unterschiedliche Räder haben, waren wir auf unserem Trip von München nach Paris auch mit komplett unterschiedlichen Taschen unterwegs. Kaddi hat an ihrem klassischen Bikepacking-Gravelbike die meisten Montagepunkte, zum Beispiel für Gabeltaschen. Diese sind besonders praktisch, weil man sie abends einfach abklipsen kann. Und sie sind gut für das Fahrverhalten des bepackten Rads, weil sie ein Gegengewicht zum schweren Seat Pack bilden, das in Bikepacking-Kreisen liebevoll auch Arschrakete genannt wird. Cathi hat das kleinste Rad und sich deshalb gegen die sogenannte Arschrakete und für klassische Satteltaschen mit großem Stauraum entschieden, in denen sie zum Beispiel unsere Zeltplane transportiert hat. Und Toni hat auf eine große Lenkertasche gesetzt und hatte so auf alle Dinge unterwegs sofort Zugriff.

Antonia Schlosser Bikepacking Bergfreundinnen Gravel

Foto: Jens Scheibe

Vom Taschen-Finden zum Taschen-Packen

Nachdem die richtigen Packtaschen gefunden sind, geht es ans Packen. Hier lautet die erste Regel wie beim Wanderrucksack: Die schweren Sachen kommen nach unten, oder beim Seat Pack nach ganz hinten. Sonst baumelt und schwenkt die Tasche in den Kurven so aus, dass du dein Bike kaum noch kontrolliert kannst. Nutze unbedingt auch die Luftventile, die es bei den meisten Bikepacking-Bags ermöglichen die Luft aus der Tasche zu lassen und den Inhalt so gut wie möglich zu komprimieren. Und: Packe strategisch! Dabei gibt es zwei Dinge zu beachten: Sachen, die du untertags brauchen könntest – vom Bikini übers Erste-Hilfe-Set bis zum Werkzeug oder Notfallriegel – solltest du so schnell wie möglich griffbereit haben. Beispielsweise in einer kleinen und leicht zu öffnenden Tasche am Oberrohr. Und: Sachen, die du über Nacht brauchst, solltest du einfach und möglichst samt Tasche vom Rad nehmen und mit ins Hotelzimmer oder Zelt nehmen können. Überlege dir auch, was du am Bike lassen kannst und willst, auch wenn es nicht in deiner direkten Nähe steht, sondern zum Beispiel im Abstellraum eines Hotels oder am nächsten Baum neben dem Zelt.

Bikepacking Bergfreundinnen

Foto: Bergfreundinnen

Der Tascheninhalt

Aber was kommt nun hinein, in die Taschen? Der erste, recht einleuchtende Gepäcktipp gleich mal vorweg: So wenig wie möglich, so viel wie nötig. Oder anders gesagt: Weniger ist mehr. Denn umso weniger du dabeihast, desto leichter ist das Bike und desto weniger musst du in die Pedale treten. Unverzichtbar ist natürlich: Erste Hilfe – fürs Rad in Form von Werkzeug und für dich in Form einer ordentlichen Reiseapotheke.

Überlege dir also genau, wie viel Luxus du dir erlauben willst, und auf was du verzichten kannst. Für uns stand schnell fest: Wir lassen die Regenhosen daheim, wenn wir nass werden, werden wir eben nass. Worauf wir allerdings auf keinen Fall verzichten wollten, war ein aufgemotztes First-Aid-Kit. Aufgemotzt deshalb, weil wir noch zusätzliche Wärmedecken, eine Pinzette und eine bessere Schere eingepackt haben. Auch haben wir uns im Vorfeld überlegt, ob und wenn ja, was wir uns zu dritt teilen oder unterwegs sogar nachkaufen können. So haben wir insgesamt Gewicht gespart. Dinge wie Zahnpasta, Waschmittel, Sonnencreme oder Kettenöl hatte also nicht jede einzeln dabei, sondern eine für alle.

Im Puncto Kleidung haben wir uns ebenfalls auf das Nötigste beschränkt: zwei Satz Radklamotten in kurz und lang, so dass wir immer ein Set waschen konnten und noch eine lange Hose für die Zeit abseits des Sattels. Da wir mit Click-Schuhen unterwegs waren, hatten wir noch je ein weiteres Paar Schuhe dabei. Unser Tipp: leichtes Schuhwerk, das bequem zum Gehen, aber auch funktional ist, also zum Beispiel beim Duschen auch nass werden darf. Für Toni und Kaddi waren das leichte Trekking-Sandalen.

Tipp: Ein T-Shirt-Kleid ist die perfekte Off-Bike-Bekleidung: super bequem, auch für die Stärkung im Restaurant geeignet und lässt sich, wenn es kühl wird, mit einer Leggins kombinieren.

Mehr über die Bergfreundinnen

Bikepacking Berfreundinnen Ankommen in Paris

Foto: Alexandra Zolotykh

Hier kannst du den Bikepacking-Trip in der Bergfreundinnen Doku-Serie anschauen und miterleben: ARD Mediathek

Jede Menge Tipps rund ums Thema Bikepacking im Podcast: ARD Audiothek

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