Mit dem Wohnmobil ins Valbona Tal
Nachdem wir im Winter 14/15 Japan erkundeten, war dieses Jahr die Lust mit dem Snowboard zu verreisen größer denn je – vor allem bei den bescheidenen Schneebedingungen vor unserer Haustür. Ein neues Land erleben, neues Terrain erkunden, Snowboarden abseits des Trubels der Alpen, und so fiel unsere Wahl auf Albanien. Nicht unbedingt das Erste, das einem in den Sinn kommt, wenn man an Snowboarden denkt, aber nach den wunderschönen Aufnahmen, die wir aus dem Valbona Tal in Albanien gesehen hatten, unbedingt einen Versuch wert.
Allzu viel wussten wir nicht über das Land im Süd-Osten Europas. Geschichten vom Bürgerkrieg hatte man gehört, aber das war dann auch schon alles. Das Ziel war gesetzt und so ging es an die Vorbereitungen. Wie kommt man in das Land, das ca. 1500 km von München, eingrenzt von Montenegro, Kosovo, Mazedonien und Griechenland, im Süden Europas liegt? Wo können wir schlafen? Woher bekommen wir Infos über Schnee und Wetter?
Das „Wie kommen wir dort hin?“ und „Wo schlafen wir?“ hatte sich Gott sei Dank schnell erledigt. Hier geht ein dickes Danke an Hymer, die uns mit zwei winterfesten Reisemobilen ausgestatten haben. Die anderen Fragen ließen sich leider nicht so leicht klären. Snowforecast oder ähnliches gibt es nicht und den eizigsten Anhaltspunkt über die Schneebedingungen gab es von Catherine, einer Amerikanerin, die sich im Valbona Tal, unserem Ziel, niedergelassen hat. „Wir haben nicht so viel Schnee wie letztes Jahr, aber ihr findet genug um Spaß zu haben.“ Klingt gut, also los!
Mitte Februar ging es mit voll geladenem Hymer gen Süden. So viel sei vorweggenommen, ein Trip mit viel Powder und perfekten Bedingungen sollte es nicht werden, dafür aber ein echtes Abenteuer mit Geschichten, die wir noch unseren Enkeln erzählen werden.
Nachdem wir nach fast zwei Tagen – dank eines nicht beabsichtigten 6-stündigen Umwegs in Slowenien – endlich gegen 3 Uhr morgens in Valbona ankamen, konnten wir unser Glück kaum fassen. Total übermüdet parken wir unsere Wohnmobile am Rand der Straße. Neben uns ein kleiner, klarer Fluss, die Nacht sternenklar und um uns herum leuchtete
das Weiß der Berge. Voller Vorfreunde gingen wir ins Bett, doch die Ernüchterung kam schnell am nächsten Morgen. Schnee war zwar da, allerdings glichen die Bedigungen mehr den frühlingshaften Alpen als das, was wir auf Fotos von Albanien gesehen hatten. Wir träumten von meterhohen Schneewänden, doch was wir bekamen, waren lediglich weiße Flecken auf den mächtigen Bergen. Aber davon ließen wir uns nicht abschrecken. Wir machten uns auf den Weg um das Tal auszukundschaften und Pläne für die nächsten Tage zu schmieden.
Schließlich waren wir zum Splitboarden gekommen und so suchten wir uns ein Ziel für die erste Tour. Dann statten wir Catherine, mit der wir zuvor gemailt hatten, einen Besuch ab und parkten unser WoMos für die nächsten Tage in ihrem Garten. Sie erzählte uns von den Schneemassen, die normalerweise das Valbona Tal heimsuchen. Im vergangenen Winter sei das Tal 40 Tage lang komplett eingeschneit gewesen, normalerweise habe sie zwei Meter Schnee im Garten – aber eben nicht dieses Jahr. Es sei viel zu warm, bei 14 Grad Außentemperatur auf fast 1000 Meter Mitte Februar können wir ihr da nur zustimmen. Am nächsten Tag ging es endlich zum Snowboarden. Wir freuten uns darauf, etwas Schnee unter die Füße zu bekommen, aber schnell wurde klar, dass wir uns den Run richtig hart erarbeiten müssen. Ein knapp dreistündiger Marsch durchs Gebüsch und über Stock und Stein stand zwischen uns und den ersten Schneekontakt und ein weiterer, steiler Aufstieg mit dem Splitboard, bei dem wir aber wenigstens mit der tollen Landschaft Valbonas belohnt wurden. Nach einem kurzen Run und weiteren Stunden Fußmarsch zurück zum Wohnmobil, mussten wir uns einen neuen Plan überlegen. So hatten wir uns das nicht vorgestellt. Catherine meinte sie hätte einen Bekannten, der ein 4×4 Fahrzeug habe. Er könnte uns höher hinaus, hinter ein im Winter verlassenes Schäferdorf bringen, wo wir wohl mehr Schnee haben werden. Am nächsten Tag stand Skandar pünktlich mit seinem Jeep auf der Matte, um uns in den Schnee zu bringen. Nach einer fast zweistündigen Fahrt über Straßen, die als solches nicht erkennbar waren, kam auch hier wieder die Ernüchterung. Eine Schlammlawine auf der Straße zwang uns zum umkehren und Snowboarden war für den Tag gestorben. In seiner charmanten, albanischen Art fragte Skandar nur: „What you want to do now? You want to go home or you want to have barbecue“? Etwas ungläubig entschieden wir uns für das Barbecue und saßen kurz danach mit einer frisch geschossenen Gams am Lagerfeuer.
Zurück bei Catherine packten wir die Wohnmobile und suchten unser Glück in anderen Regionen. Es lag einfach viel zu wenig Schnee und wir waren schließlich zum Snowboarden gekommen. Also entschieden wir uns zurück Richtung Alpen zu fahren. Auf dem Hinweg hatte es in Slowenien massiv geschneit und das wollten wir ausnutzen. Aber nicht ohne auf dem Weg noch das ein oder andere Highlight mitzunehmen. Schließlich weiß man ja nicht, wann es einen mal wieder in diese Gegend verschlägt. Auf der Liste stand die Stadt Mostar in Bosnien, bekannt durch ihre Brücke, auf der unter anderem auch Red Bull einen Cliff Diving Event veranstaltet. Auf dem Weg nach Bosnien halten wir jedoch noch eine Nacht in Montenegro.
Mitten im Nirgendwo an einem verlassenen See schlagen wir unsere Zelt, naja, unsere Wohnmobile auf. Gegen 2 Uhr morgens dann der Schockmoment: Motorgeheule und stimmen vor dem WoMo schreckten uns hoch. Für uns war klar, jetzt werden wir ausgeraubt. Zwei nagelneue Wohnmobile mit deutschem Kennzeichen mitten im ehemaligen Kriegsgebiet, in dem Armut herrscht – war ja klar… Als nach einer gefühlten Ewigkeit die Stimmen verstummten, ohne dass etwas passierte, legten wir uns beunruhigt wieder nieder – wir trauten uns nicht die Türen zu öffnen, um nachzusehen, was los ist. Das Spiel sollte sich mehrfach die Nacht wiederholen und als wir zu Tagesanbruch vor die Türe gingen, mussten wir über uns selbst schmunzeln. Wir hatten die Wohnmobile so blöd auf die Straße gestellt, dass die Fischer ihre Boote kaum zu Wasser lassen konnten. Sie mussten sich im Dunkel der Nacht an uns vorbei manövrieren. Allerdings nahmen sie es uns wenig übel, sondern bestaunten die Wohnmobile und schenkten uns frisch gefangenen Fisch.
Über die Stadt Mostar, die absolut einen Besuch wert ist, ging es weiter nach Vogel in Slowenien, um endlich mal wieder Snowboard zu fahren. Schließlich war das ja unsere eigentliche Mission. Die Schneemassen der letzten Woche waren allerdings durch einen Fönsturm verschwunden und statt Powder und Sonne wartete nur ein Sturm auf uns. Und so entschieden wir uns nach einem kurzen Shred in Slowenien weiter nach Italien zu ziehen. Auch hier hatten wir kein Glück, also ging es weiter ins österreichische Nassfeld. Da sich der Trip schon langsam dem Ende näherte, hatten wir nur einen Tag in Nassfeld und vom Pech verfolgt wie wir waren, fing es natürlich genau das Schneien an, als wir uns Richtung Heimat machten. Am nächsten Tag konnten wir dann zurück in München im Internet sehen, dass es über Nacht 50cm geschneit hatte. Schlechtes Timing…
Trotz den schlechten Schneebedingungen war es ein Trip, den wir nicht missen möchten, auch wenn aus dem Snowboard-Trip Albanien eher ein Roadtrip Süd-Ost-Europa geworden ist. Das Valbona Tal wird uns sicher wieder sehen, allerdings erst wenn Catherine die zwei Meter Schnee im Garten hat.
Ein großes Dankeschön auf diesem Weg auch nochmals an Hymer, die uns die tollen Reisemobile für den Trip zur Verfügung gestellt haben.