Daria Fuchs – warum ihre sanfte Seite ihre größte Stärke ist
Wenn einer der besten Filmemacher der Surf-Welt ein Porträt über dich macht, weißt du, dass du Talent hast. Bei der Schweizerin Daria Fuchs ist es aber mehr als „nur“ Talent, sie vereint beim Snowboarden und Surfen Kreativität, Style und Sanftheit. Letztere hat sie erst vor kurzem in den doch männlich dominierten Sportarten wieder für sich entdeckt. In ihrem Filmporträt „Apricity“, das Morgan Maassen mit ihr drehte, lädt sie uns ein, die Verbindung zur Natur und zu uns selbst zu entdecken und unserer weiblichen Seite ihren verdienten Raum zu geben.
Alter: 27 / Wohnort: Interlaken, Indonesien / Sponsoren: Korua, Doodah, Deeluxe, Picture Organic, HAE, Eivy, Flux Bindings
Hi Daria, wir haben von deinem Filmprojekt Apricity gehört. Kannst du uns mehr dazu erzählen?
Klar! Apricity ist ein kurzer Selbstporträtfilm, in dem ich mein Snowboarden und Surfen zeige. Der Film soll vermitteln, dass Weiblichkeit und Sanftheit auch in von Männern dominierten Sportarten ihren Platz haben und gebraucht werden.
Wie kam es dazu, dass du mit Morgan Maassen, einem der besten Surffilmer der Welt, dein erstes eigenes Filmporträt machst?
Morgan und ich haben uns vor drei Jahren in Laax kennengelernt, als wir für Korua in der Pipe filmten. Uns verband von Anfang an unser eher fragwürdiger, schlechter Humor. So blieben wir in Kontakt und telefonierten oft. Als ich ihm dann von meiner Filmidee und dem Konzept erzählte, meinte er nur: “You need me to be your filmer!”
Cool! Wo habt ihr überall gedreht?
Im Winter haben wir am Hasliberg, meinem Heimresort, und in der Jungfrau-Region gedreht. Im Sommer haben wir uns dann in den Mentawais getroffen, um den Surf-Teil aufzunehmen. Leider habe ich mir dort am dritten Tag das Surfboard ins Gesicht geschlagen und war dann drei Wochen aus dem Wasser.
Erzähl uns bitte noch etwas mehr über deinen Snowboard- und Surf-Hintergrund!
Mit dem Snowboarden habe ich im Alter von 13 Jahren angefangen. Es hat mir sofort viel mehr Spaß als Skifahren gemacht. Ich machte schnell Fortschritte und habe bald die Aufmerksamkeit der älteren Jungs auf mich gezogen, die mich ins Backcountry mitnahmen und motivierten. Durch die vielfältigen Möglichkeiten am Hasliberg konnte ich so meinen eigenen, kreativen Fahrstil entwickeln.
2019 verbrachte ich die erste von zwei Wintersaisons in Laax. Dort lernte ich die Korua Family kennen und hatte tolle Tage mit vielen inspirierenden Fahrer:innen auf dem Berg. In den letzten Jahren zog es mich für die Wintermonate immer wieder in die Heimat, wo ich das Leben und Snowboarden mit Freund:innen sehr genieße.
Mit 18 habe ich dann eine Woche in einem Surfcamp auf Fuerteventura verbracht. Ich habe mich sofort in die Wellen, das Surfen und den Lifestyle verliebt. Nach meiner Ausbildung bin ich direkt wieder auf die Kanaren geflogen und habe dort vier Monate gearbeitet.
Mit einigen Freund:innen, die ich dort kennengelernt habe, ging es dann direkt weiter nach Bali. Schon da wusste ich, dass ich noch viel mehr reisen und surfen möchte.
Heute, neun Jahre später, verbringe ich die Wintermonate in der Schweiz, genieße das Snowboarden, Freunde und Familie – und im Sommer zieht es mich meist nach Indonesien zum Surfen.
Apricity – The warmth of the winter sun
Klingt nach einer tollen Balance! Deine Surfshots sind wirklich beeindruckend! Wo hast du so gut surfen gelernt?
Mein Surfen hat sich in Indonesien extrem verbessert. Seit drei Jahren verbringe ich dort zwischen fünf und sechs Monate im Jahr und surfe fast täglich. Meistens sind auch Locals vor Ort, die Fotos und Videos machen. Dank der Video- und Fotoanalysen habe ich viel dazu gelernt. Da ich im Winter arbeite und sparsam lebe, kann ich im Sommer nach Indonesien reisen. Dort arbeite ich als Surf Guide oder Yogalehrerin. So habe ich dieses Jahr fast drei Monate auf den Mentawais gelebt.
Es scheint, als würdest du furchtlos in große, kraftvolle Wellen droppen… Was hilft dir in solchen Situationen genug Selbstvertrauen zu haben?
Mir hilft es, ruhig zu bleiben, mich zu fokussieren und bewusst zu atmen. Wenn meine Welle dann kommt, fokussiere ich mich nur noch auf mich und die Welle. Ich rede mir gut zu und mache mir Mut. Manchmal motivieren mich auch andere Surfer:innen, was immer hilfreich ist.
Der Titel „Apricity“ bezieht sich auf die Wärme der Sonne im Winter. Was wärmt dein Herz?
Liebe und Verbundenheit – in jeder Form. Sei es ein Kind, das am Strand mit den Hunden spielt und lacht, oder meine morgendliche Yoga-Routine, bei der sich Körper, Atem und Geist verbinden. Stundenlang den Wellen zuzusehen oder wie das erste Morgenlicht die verschneiten Berggipfel anlächelt. Mit guten Freund:innen oder der Familie stundenlang philosophieren und lachen. Es sind die vielen kleinen und großen Augenblicke voller Liebe und Verbindung, die mein Herz erwärmen.
In deinem Film geht es auch um das Finden von Stille inmitten von Lärm. Wann bist du im Flow?
Ich finde es wichtig, mir regelmäßig Zeit für mich selbst zu nehmen. In diesen Momenten kann ich meine Batterien wieder aufladen und mich mit mir selbst verbinden. So wird mir die Stille in mir bewusst, ich fühle mich ausgeglichen und komme in den Flow. Diese Ruhe stärkt meine Verbundenheit zu mir selbst, zur Natur und zu den Menschen um mich herum.
Was haben Snowboarden und Surfen für dich gemeinsam? Was lehrt dich das eine über das andere?
Beides findet in einer kraftvollen Natur statt und erinnert mich immer wieder daran, wer die wahre Kontrolle hat. Es ist erfrischend und lehrreich. Beide Sportarten helfen mir im Moment zu sein und die Verbundenheit mit der Natur zu spüren. Das Surfen hat sicherlich meinen Snowboardstil beeinflusst. Ich liebe es, fließende, surfinspirierte Turns zu fahren.
Dein Film hebt auch die Bedeutung von Sanftheit und Zärtlichkeit in einer oft harten Umgebung hervor. Warum ist es für dich so wichtig, diese Qualitäten in den Vordergrund zu stellen?
Die Surf- und Snowboardwelt ist stark männlich geprägt. Das ist an sich nicht verkehrt, aber ich habe im Laufe der Jahre gemerkt, dass ich mich oft angepasst habe, um „dazuzugehören“ und akzeptiert zu werden. Das Reisen und die balinesischen Frauen haben mich daran erinnert, wie schön Weiblichkeit ist und wie wertvoll weibliche Energie sein kann.
Welche Botschaft möchtest du mit „Apricity“ an andere Frauen – und auch Männer – vermitteln, die sich oft in einer von Härte geprägten Welt bzw. einem kompetitiven Line-up wiederfinden?
Die Welt dreht sich gefühlt immer schneller. Alle scheinen immer mehr und das möglichst schnell zu wollen. Alles wirkt extrem, und Menschen werden oft gegeneinander ausgespielt – Frauen gegen Männer, Jung gegen Alt. Wo ist die Balance? Haben wir sie verloren?
Wann nehmen wir uns Zeit, mal durchzuatmen und uns wirklich mit uns selbst und miteinander zu verbinden? Wäre es nicht einfacher, wenn wir uns gegenseitig unterstützen, statt gegeneinander anzutreten? Es muss nicht das eine oder das andere sein, es kann auch beides, in Harmonie, sein. Mitgefühl und Verständnis statt Wut und Arroganz.
Ich hoffe, dass wir uns alle daran erinnern!
Mehr Stories über Snowboarden, Sanftheit und Surfen findest du in der aktuellen Winter Ausgabe:
Behind the Wihte horizon
Der Winter zeigt uns, wie magisch Veränderung sein kann: Berge, die du im Sommer kanntest, sind wie verwandelt und hinter dem nächsten Gipfel wartet schon ein neues Abenteuer. Alles ist möglich und das macht den Winter so magisch. In dieser Ausgabe drehen sich die Storys natürlich wie immer über mutige Frauen. Es geht um Sanftheit, Heimat, Abenteuer und Gemeinschaft. Um Surfen im Schnee und auf Wasser – und weil auch wir nicht stehen bleiben, gibt es Golden Ride ab sofort auch auf Englisch!