Mit Backcountry Fotografie hat sich Ashley wirklich nicht gerade eine einfache Sparte der Fotografie rausgesucht. Umfangreiche Planung verbunden mit großem Aufwand und langen, oft kalten Tagen mit sich bewegenden Objekten vor weißem Hintergrund. Was sich für viele Fotografen nach extrem schwierigen Bedingungen anhört, zählt für die junge Kanadierin seit Jahren zum Alltag. Sie liebt Snowboarden, aber noch viel mehr liebt sie die Fotografie, die sie inzwischen auch zu tropischen Surfdestinationen, Hochzeiten auf dem Land und Katalogshootings in der Wüste brachte. Wir sind nicht nur von ihrer Leidenschaft und ihrer Vision begeistert, sondern vor allem von ihrem Blick auf die (Snowboard-)Welt.
Hi Ashley, was kam bei dir zuerst? Deine Leidenschaft für Snowboarden oder die Fotografie?
Ich entdeckte zuerst Snowboarden für mich. Ich war zehn Jahre alt und bewunderte meinen Bruder, der Snowboard fuhr. Natürlich war ich zu der Zeit noch in der Skischule und musste noch ein Jahr warten, bevor ich es endlich ausprobieren durfte.
Kannst du dich noch an deine ersten Snowboardfotos erinnern?
Das ist schon ewig her, aber ich kann mich auf jeden Fall noch erinnern. Damals kostete ein Negativ noch einen Dollar, deshalb versuchte ich nur abzudrücken, wenn das Bild wirklich gut war. Als ich zum ersten Mal Snowboardfotos machte, war ich zusammen mit James Beach, Mike Sudderman, Dwayne Wiebe, Scott Shaw und Tj Schneider im Park in Lake Louise. Am gleichen Tag noch zog ich mit Scott nach Golden, um den Rest der Saison im Backcountry zu shooten. Ich lernte die Jungs ein paar Monate zuvor kennen und kam mit Scott Shaw zusammen. Er war Backcountry und Pipe Amateur, fuhr für Capita, Grenade und Oakley. Ich besaß bereits eine Kamera und ein Fisheye, da ich Skateboarden fotografierte und er und seine Freunde überzeugten mich auch Snowboarden zu fotografieren.
Was macht Snowboardfotografie so besonders?
Es gehört so viel mehr dazu um auf Trips zu gehen und im Backcountry zu fotografieren. In den meisten Fällen ist das Fotografieren der leichteste Part. Die Crew zusammenzustellen, den Spot zu finden, dort hinzukommen, das Wetter einzuschätzen, passendes Terrain zu finden, Gruppendynamik, Sicherheit, Verletzungen, die Ausrüstung vorbereiten… es gibt so viel zu beachten. Wenn ich Portraits und Lifestyle, oder auch Fitness fotografiere, kann ich meinem Model sagen wohin es gehen oder blicken soll etc. Aber bei Actionfotografie kannst du nur erahnen und bist auf deine Erfahrungen und dein Wissen angewiesen. Wir schmeißen mit Schneebällen, um die Landungen und Absprünge zu erkennen, aber das stimmt meist nur grob. Mit all dem Aufwand und oft so vielen schrecklichen Fotos, die dabei rauskommen, ist es etwas ganz besonderes.
Was bedeutet dir Snowboarden?
Die Berge, Powder und mit Freunden und Familie zu fahren, das ist Snowboarden für mich. Seit ich zwei Jahre alt war, fuhr ich mit meinen Eltern und meinen zwei älteren Brüdern jedes Wochenende in die zwei Stunden entfernten Berge. Dort gab es nur einen echt Angst einflößenden Seilzug als Lift und die Abfahrt war „Expert only“. Als ich nur ein Meter groß war, war der Weg zum Gipfel echt beängstigend, aber ich tat mir das immer wieder an, da ich danach mit den älteren Kindern Ski fahren konnte. Ich lernte also, dass es sich lohnt die Angst zu überwinden, da auf dem Gipfel schöne Dinge auf mich warteten. Wir leben nach dem Motto: „Earn your turns“. Ich liebe das. Es gibt dir so viel.
Was möchtest du mit deinen Fotos aussagen?
Es war für mich sehr frustrierend als weibliche Fotografin in der Snowboardindustrie Fuß zu fassen. Ich hasse es sexistisch zu klingen, aber wenn ich zurück blicke, bin ich mir sicher, dass ich viel härter kämpfen musste, als jeder männliche Fotograf, den ich kenne. Aber das Positive daran ist, dass ich den Leuten Bilder zeigen musste, an die sie sich erinnern. Bilder, die herausstechen und die meine Handschrift tragen. Ich komme aus einer Familie von harten Arbeitern und ich finde die Einstellung wichtig und versuche sie in meinen Bildern umzusetzen.
Wer oder was hat dich als Fotografin am meisten beeinflusst?
Pat Bridges, der Editor vom Snowboarder. Er half mir zurück in die Industrie, indem er mir Möglichkeiten bot, als niemand anderes das tat. Das half mir ungemein. Doch einen größeren Einfluss auf meine Karriere hatte eine ziemlich negative Unterhaltung vor fünf Jahren. Ich unterhielt mich mit einer Redakteurin, deren Freund ein sehr guter Surffotograf ist, darüber, dass ich unbedingt mit Surffotografie aus dem Wasser beginnen möchte. Mir war klar, dass ich noch ein paar Jahre brauchte, um besser zu Surfen und die Wellen zu verstehen, bevor ich mich darauf stürze, aber das war, was ich als nächstes tun wollte. Sie lachte mich aus. Sie meinte das würden keine Frauen machen, da es viel härter sei, als es aussieht. Diese Unterhaltung brachte das Feuer in mir zum Glühen. Mir war genau in dem Moment klar, dass es keine Option ist auf der Stelle zu treten und nicht seine Träume zu leben. Und wenn Leute auf solche Ratschläge hören, kämen wir nirgendwo hin. Schau einfach wie viele Frauen Snowboarden fotografieren… Ich glaube fest daran, für seine Träume zu kämpfen. Du kannst alles tun, was dir am Herzen liegt. Mir tun diese Mädchen nur leid. Sie sprechen nicht aus ihren eigenen Erfahrungen, sondern auf Grund der Erfahrungen von jemand anderem. Wenn ich auf Leute wie sie hören würde, würde ich heute nicht das tun, was ich liebe.
Was fotografierst du am liebsten?
Im Grunde liebe ich es einfach mit Menschen zu fotografieren, die darauf auch Lust haben. Leute, die gerne ihr Foto im Kasten haben, machen alles viel entspannter und die Fotos um 100% besser. Das ziehe ich der talentiertesten Person immer vor. Egal wie man die beiden Faktoren zusammenfügt, es passiert immer etwas Magisches. Zum Beispiel mit Jessica Kimura. Ich hab von ihr erst ein Foto geschossen, das nicht veröffentlicht wurde und das auch nur, weil sie einen Switch Blunt Slide auf einem Kinked Rail versuchte und ich sie bat aufzuhören, weil sie schon so müde war. Sie liebt es genauso sehr wie ich, ein gutes Foto zu haben. Und das brachte sie auf das Level, auf dem sie heute ist.
Du bist ziemlich jung und schon seit mehreren Jahren erfolgreich. Was ist dein Geheimrezept?
Ich denke Erfolg besteht aus einer Mischung aus drei Dingen: Motivation, Talent und Wiederholung/ Durchhaltevermögen. Ich habe viele Menschen getroffen, die sagen sie möchten ein professioneller Fotograf werden, aber es scheint als würden sie sich selbst nicht ernst nehmen. Wie kann man jemand erstnehmen, der Vollzeit in einem Café arbeitet? Während sie Kaffee servieren, bin ich dort draußen und fotografiere, suche Locations, treffe Leute und werde jeden Tag besser. Wieso soll also ein Kunde dich anstatt mich buchen? Wenn ich einem aufstrebenden Fotografen einen Tipp geben kann: Jump in, all in! Das muss man bei jedem anderen Beruf machen, und das gilt auch für die Fotografie.
Hat sich deine Sicht auf Snowboarden und Fotografie in den letzten Jahren verändert?
Ja!!! Als ich anfing, gab es noch keine Digital-Fotografie, deshalb ist fotografieren generell viel einfacher. Dadurch gibt es kein Ratespiel mehr. Und, ich hätte nie gedacht, dass Snowboardfotografie so hart wird. Ich dachte ehrlich gesagt ein Werbeshoot oder eine Hochzeit würden mich mehr herausfordern und wären echter, aber allein das Equipment zum Spot zu bekommen ist nur beim Street Snowboarden einfach.
Du fotografierst ja hauptsächlich im Backcountry und das stell ich mir echt hart vor. Wie schaut ein normaler Tag bei dir aus und mit welchen Schwierigkeiten hast du zu kämpfen?
Die meisten Shootings mache ich mit einem Snowmobil, da man dadurch unberührtes, einsames Terrain erreichen kann. Aber dadurch entstehen auch neue Herausforderungen. Snowmobile an sich können Probleme machen. Aber ein normaler Tag sieht folgendermaßen aus: Vor Sonnenaufgang aufstehen, zum Sonnenaufgang am Trail treffen, Sleds abladen, den Trail fahren (der kann 20 Minuten dauern oder mehrere Stunden), einen Plan machen, den Trail verlassen um in frischen Schnee zu kommen, jemanden beten ein Obstacle zu springen, oder einen Run zumachen und ein paar Turns fotografieren (meistens geht was schief), ein paar Stunden lang einen Kicker bauen, Mittagessen, den Kicker springen (dauert ein paar Stunden), wenn noch Zeit ist etwas anderes springen, in der Dämmerung zu den Autos kommen, Sleds aufladen, heimfahren, alles abladen, trocknen, Fotos sichern, Abendessen, E-Mails beantworten, Frühstück vorbereiten, den nächsten Tag planen und tot ins Bett fallen.
Wie viel wiegt denn bitte dein Equipment? Was hast du bei einem Tag im Backcountry alles dabei?
Ich versuche wenig mitzunehmen, aber ich benutze nur Festbrennweiten bis auf ein Zoom, deshalb ist es schwierig leicht zu packen. Dieses Jahr hab ich dabei:
– 1dx Canon Kamera
– 50mm 1.2
– 35mm 1.4
– 24mm 1.4
-Fisheye 2.8
-70-200L 2.8
– Linsenputztücher, Sonnenschirm, LVS, Schaufel, Sonde, Wasser, Snacks, Essen, Ersatzhandschuhe, Sonnenbrille, Sonnencreme, einen Leathermann, Plastiktüten und für die Sicherheit einen ???
Je nach dem was ich mache manchmal auch:
– Canon Mark IV 1d,
– Canon 5D Mark II
– 45mm tilt shift
– 300mm 4.0L
– 17-35mm
– 24-70mm 2.8L (Nur bei Heli- oder Hike-Missionen)
-85mm (die benutze ich nur für Lifestyleshoots für Kunden, bei Action ist sie nicht zu gebrauchen)
– Ersatzklamotten
– Schneeschuhe
– Einstein Blitze, Pocket Wizards, Elinchrome Blitze (nur bei schlechtem Wetter)
Wann gehst du noch für dich Snowboarden? An guten Tagen oder nur wenn es nichts zum Fotografieren gibt?
Ehrlich gesagt bin ich schon lang nicht mehr auf den Gedanken gekommen für mich fahren zu gehen, außer es gibt nichts und niemanden zum Fotografieren. Es ist nicht so als würde ich Snowboarden nicht lieben, ich bin einfach nur besessen von Fotografie. Außerdem wohne ich in Gehdistanz zum wahrscheinlich besten Berg der Welt, also fahre ich immer noch viel. Außerdem bekomme ich an den meisten Tagen im Backcountry auch unverspurte Runs für mich.
Auf deiner Homepage findet man immer mehr Fotos, die sich nicht mit Snowboarden beschäftigen. Hat sich dein Fokus verändert?
Als Künstlerin denke ich gehen wir alle mal durch Trockenphasen in denen wir uns uninspiriert fühlen. Ich hab im Laufe der Jahre gelernt, dass ich am glücklichsten bin wenn ich das fotografiere, was ich möchte. Es hilft mir frisch und inspiriert zu bleiben. Ich bin vor kurzem zwei Arbeitsgruppen beigetreten, die meiner Karriere gut geholfen haben. Eine heißt „Nike Photo Collective“ und die andere „Whistler Wedding Photographers“. Beide sind komplett verschieden aber sie bieten direkten Austausch mit anderen Fotografen für Hilfe, Inspiration und Zugang zu Quellen, die mir helfen Dinge umzusetzen. Ich bin auch ein Advocate für RVCA und sie machen gerade viel für die Frauen in der Industrie und ich bin mir sicher, dass ich dadurch mehr Sachen machen kann, die ich liebe. Also um deine Frage zu beantworten, ja, ich habe meinen Fokus verändert und ich mit total glücklich darüber.
Du reist sehr viel. Hast du eine Lieblings-Destination? Kann man dort Surfen oder Snowboarden?
Ich liebe es zu reisen. Als ich klein war, arbeitete mein Vater für Fluggesellschaften, also wuchs ich damit auf. Ehrlich gesagt hoffe ich, dass ich mein Lieblingsort noch nicht gefunden hab, denn es gibt noch so viel auf der Welt zu sehen. Indonesien mag ich wirklich sehr gerne, aber es fehlt dort auch so viel. Whistler, Arlberg, die Tordrillos in Alaska, Interior BC.
Du kannst dir irgendeinen Ort und Leute, die du fotografierst, aussuchen. Wo würdest du hinfahren und wen würdest du mitnehmen?
Das tue ich täglich und das Beste daran ist, dass es keine richtige Antwort gibt. Ich bin so besessen, Dinge zu machen, das ich immer an das nächste Fotoshooting, die nächste Location denke, dass ich eigentlich die Freiheit vorziehe herumzukommen und mit neuen Menschen zu arbeiten, gleich gesinnten Menschen, es zu tun und weiter zum nächsten. Ich liebe es Kataloge zu fotografieren, du fotografierst auf diese Weise alles, meist mit einem Kunden vor Ort und an so einem Tag produziert man viel mehr als an einem Tag im Backcountry, deshalb kümmere ich mich momentan verstärkt darum.
Was steht bei dir als nächstes an?
Ich hab mir gerade erst ein Unterwassergehäuse gekauft, und liebe es damit zu arbeiten: Surfen, schwimmende Mädels in Kleidern… das macht mir gerade sehr viel Spaß. Momentan bin ich in Indonesien und fahre anschließend mit dem RVCA Frauen Surf und Skate Team nach Hawaii. Nebenbei passiert immer was bei Nike, nächsten Sommer stehen Hochzeiten an und wer weiß was dazwischen noch alles passiert.