OLYMPIA UND CHARITY

Seit sie 2006 bei den Olympischen Winterspielen in Turin mit gerade mal 18 Jahren die Goldmedaille in der Halfpipe gewonnen hat, ist die Amerikanerin Hannah Teter aus dem internationalen Contest Zirkus nicht mehr wegzudenken. Nach einer weiteren Medaille bei den Spielen in Vancouver 2010 (Silber), insgesamt sechs World Cup Siegen sowie jeder Menge Podiumsplätzen bei den X-Games, sind es heute weder Nervenkitzel noch Glanz und Gloria der Sieger, die sie immer wieder auf’s Neue motivieren. Was mittlerweile wirklich dahinter steht, hat sie uns beim GoPro Athletes Camp in Laax erzählt.    

 

Mit einer olympischen Goldmedaille, einer Silbermedaille sowie jeder Menge World Cup Siegen und Podiumsplätzen bei den X-Games bist du im Contest Snowboarden nicht nur ein alter Hase, sondern auch verdammt erfolgreich. Was macht dir dabei am meisten Spaß?

Dieser Nervenkitzel, den man bei Contests hat, hat mir schon immer gefallen, seit ich ganz klein war. Ich bin mit vier älteren Brüdern aufgewachsen, von denen zwei selbst professionelle Fahrer waren, und hab viel bei ihren Contests zugesehen. Sie haben immer so viel Spaß dabei gehabt sich mit anderen zu messen oder neue Tricks zu lernen und ihre Grabs, ihr ganzer Style eigentlich, hat sie immer herausstechen lassen. So habe ich selbst auch schon angefangen als ich noch ziemlich jung war. Ich wollte eh immer wie die Jungs fahren, so schnell und so hoch wie möglich kommen, daher war es für mich schon immer total aufregend, mich zu pushen und zu schauen, was geht. Das hat sich nie wie ein Job für mich angefühlt, ich habe eher die Zeit mit meinen Freunden und meiner Familie genossen.

Contests haben für dich also von Anfang an zum Snowboarden dazu gehört?

Quasi, ja. Ich stand mit 9 Jahren das erste Mal auf einem Snowboard und bin mit 11 den ersten Contest gefahren. Mir hat es also auf jeden Fall von Anfang an großen Spaß gemacht, vor allem zu gewinnen! Ich stand total auf die Preise, meistens ein T-Shirt und ein Schokoriegel, und hab mir nur gedacht: “Juhu Geschenke!”. Mit 15 habe ich mein erstes richtiges Preisgeld gewonnen, 750 Dollar. Damit bin ich direkt ins Einkaufszentrum gefahren und hab alles beim Shoppen auf den Kopf gehauen!

“Das mit dem Snowboarden könnte klappen!” hab ich mir da gedacht (lacht).

Die Goldmedaille bei Olympia war bisher der größte Sieg, oder?

Ja, auf jeden Fall, damals war ich gerade auch echt auf dem Höhepunkt meiner Karriere. Ich bin mehr gefahren als je zuvor und hab wahnsinnig viel trainiert, um die Spiele gewinnen zu können – das war ganz klar mein Ziel. Dann kam ich jedoch mit einer Knieverletzung dort an, von der mir keiner sagen konnte, was es genau war. Deswegen konnte ich direkt vorher nicht mehr so viel trainieren, sondern bin im Pool gesessen und habe mir meinen Run und meinen Erfolg in allen Einzelheiten perfekt vorgestellt: wie ich zum Schluss auf dem Podium stehe. Das habe ich visualisiert und als es dann passiert ist, war es fast zu einfach, echt verrückt. Da hab ich zum ersten Mal die unglaubliche Wirkung unserer Vorstellungskraft gespürt, die sich entfalten kann, wenn man etwas wirklich will.

Das klingt sehr beeindruckend.

Das war es auch! Eine ziemlich krasse Erfahrung für eine 18-Jährige. Ich war total fasziniert davon, welch unglaublichen Einfluss unsere Psyche auf unser ganzes Leben haben kann.

Und das in so jungen Jahren! Wie hat diese Erfahrung dein Leben verändert?

Die ersten zwei Jahre nach Olympia waren ziemlich heftig, man steht so wahnsinnig im Interesse der Medien und bekommt so viele neue Sponsoren. Alle wollen einem mehr Geld zahlen, wenn man bei Olympia eine Medaille gewonnen hat! Das war unglaublich. Und ich hab mir gedacht: “Das kommt dabei raus? Das muss ich weiter machen!” (lacht).

Ich bin also weiter Contests gefahren, habe aber ein bisschen den Spaß dabei verloren und dann meine Wohltätigkeitsorganisation Hannah’s Gold gegründet. An die habe ich drei Jahre lange alle meine Preisgelder gespendet, um neben den Contests noch eine andere Priorität zu haben. Ich wollte dem Ganzen für mich eine zusätzliche Dimension geben.

Wie bist du auf die Idee mit der Wohltätigkeitsorganisation gekommen?

Ich bin damit aufgewachsen, dass meine Familie ein Patenkind in einem armen Land unterstützt hat. Seit ich klein war, haben wir dieses Kind finanziell unterstützt und ich fand die Idee so schön, das Leben eines anderen Menschen so positiv zu verändern. Dashalb habe ich meine eigene Organisation gegründen und ich wollte noch etwas Größeres starten.

Manche Athleten werden fast ein bisschen depressiv nach einem Hype wie Olympia ihn fabriziert. Ging es dir auch so, als du Hannah’s Gold gegründet hast?

Nicht direkt. Ich habe die Charity Organisation gleich nach meinem Sieg gegründet und meine Leidenschaft nie ganz verloren. Mir ist nur der Spaß etwas abhanden gekommen, wahrscheinlich weil es einfach ein bisschen zu viel war. Um überhaupt zu den Olympischen Spielen zu kommen, muss man schon so viele Contests fahren, dass man irgendwann einfach ausgebrannt ist. Die Charity hat dem Ganzen wieder eine neue Dimension gegeben: Wenn ich wieder antrete und gewinne, kann ich damit tausende Kinder ernähren! Dieser Gedanke hat die Flamme in mir wieder ganz neu entzündet. Wenn ich anderen Menschen mit meinen Contests helfen kann, bin ich wieder voll dabei!

Hast du schon immer eine soziale Ader gehabt?

Ich glaube schon. Neben Hannah’s Gold mache ich auch noch Sweet Cheeks. Ich wollte ein weiteres Projekt starten, mit dem sich die Leute noch besser identifizieren können, vor allem Mädels. “Panties with a purpose” [dt.: Unterhosen mit Sinn] war die Idee dahinter. Wenn du dir ein Paar kaufst, bekommt ein Kind irgendwo auf der Welt eine Woche lang etwas zu essen. Das ist ebenfalls ein richtig cooles Projekt, mir machen solche Sachen total Spaß. Und sie machen das Leben noch lohnender und wertvoller.

Womit beschäftigst du dich sonst noch?

Ich liebe Mountainbiking, Surfen, Stand Up Paddeln, Yoga, Fitness… Ich gehe gern ins Fitnessstudio und bin generell sehr aktiv – das war ich schon immer, ich liebe es einfach. Ich könnte den ganzen Tag nur aktiv sein, Sport machen und draußen sein, das mache ich am liebsten. Deswegen mag ich den Sommer auch am liebsten – neben dem Winter natürlich, der ist immer mein Favorit, logischerweise (lacht). Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen! Ich war es einfach schon immer gewöhnt, draußen zu sein: die Eier aus dem Hühnerstall holen, Mama im Garten helfen… Ich bin in der Natur groß geworden, sozusagen.

Wo wohnst du jetzt?

In Tahoe, Kalifornien.

Oh wie schön! Verbringst du da viel Zeit mit Jamie Anderson?

Manchmal, ja. Jamie inspiriert mich auch wieder mehr Yoga zu machen, ich war eine Weile ein bisschen draußen und komme langsam wieder rein. Vor allem weil sie so unglaublich stark ist und so wahnsinnig gut fährt. Das beweist einfach, das Yoga echt einen Unterschied macht.

Kannst du dich noch daran erinnern, wie du mit Yoga angefangen hast?

Ich war viel auf Hawaii, wo sie die besten Yogaklassen überhaupt haben. Wenn ich im Urlaub war, hab ich jeden Tag eine gemacht, ich glaube so hat es angefangen. Mit 15 bin ich dann richtig eingestiegen.

Hast du heute eine regelmäßige Praxis?

Nicht wirklich, ich dehne mich zwar jeden Tag, mache aber nicht unbedingt Yoga. Ich brauche eine Klasse, damit ich wirklich reinkomme, ich liebe diesen Flow in der Gruppe. Das motiviert mich, alles zu geben und auch wirklich eineinhalb Stunden dabei zu bleiben und nicht nach zehn Minuten wieder abzuhauen (lacht). Das hilft mir sehr.

Nutzt du Yoga auch als Snowboard-Vorbereitung?

Auf jeden Fall, ich glaube, es macht einen in AIlem besser, das man macht. Es gibt dir diese innere Stärke, die man von reinen Fitness-Übungen einfach nicht bekommt. Die Kraft der Mitte und des eigenen Selbst.

Hast du eine Lieblingspose? Oder eine, die du gerne lernen möchtest?

Hmm… Ich würde gerne einen Handstand lernen und halten. Ich komme zwar gut hoch, falle aber nach einer Sekunde wieder raus. Das richtig halten zu können, fühlt sich bestimmt toll an.

Obwohl sie viel Sport machen und erfolgreich sind, haben viele Mädchen trotzdem Probleme mit ihrem Aussehen, manche sogar gerade wegen ihres Sports, der z.B. muskulöse Beine mit sich bringt, die als nicht sehr “feminin” gelten. Geht dir das manchmal auch so?

Absolut, meine Oberschenkel sind riesig! Aber das ist nur die eine Seite, solange man sich stark und gesund fühlt, ist alles andere nebensächlich. Wenn man etwas Masse verlieren möchte, sind Reinigungskuren aber ein guter Weg. Ich mache immer Saftkuren, das entschlackt und säubert den Körper, der dann alles, was man ihm gibt, wieder besser verarbeiten kann. Ich finde es wichtiger, diese Kraft zu haben aber wer etwas schmaler werden möchte, sollte es mit einer Kur probieren.

Hat es vielleicht auch einfach mit unserer Wahrnehmung zu tun?

Auf jeden Fall, die zu verändern ist jedoch gar nicht leicht. Die Medien, Werbung und sonstige Kampagnen zeigen alle hübsche dünne Mädchen und keine athletischen, muskulösen Körper, es geht also darum zu verändern, was man als schön ansieht. Wenn der Inbegriff von Schönheit für dich eine schlanke Blondine ist, wirst du das immer schön finden. Wenn du dagegen findest, dass sich Schönheit in einem gesunden, starken Körper ausdrückt, wird dir das immer am Schönsten vorkommen. Es hängt immer davon ab, wie du es selbst siehst.

Hast du einen Trick der dir hilft, wenn du dich in deiner Haut mal nicht so wohl fühlst!?

Dann gehe ich gerne in den Wald, mache einen Spaziergang, zentriere und erde mich wieder. Barfuss auf dem Boden, den Kontakt zur Erde suchen und wieder mit ihr verbinden. Da kommen wir alle her und wenn wir diesen Anschluss nicht spüren, können wir uns nicht verbunden fühlen. Also ja, ein Spaziergang im Wald ist mein Trick, der mir fast immer hilft, mich wieder zu zentrieren.

Mehr zu Hannah und ihren Projekten findet ihr unter hannahsgold.com & sweetcheekspanties.com