Vom Orient, dem Land der aufgehenden Sonne, wird man schon allein beim Klang des Namens in die Welt von Aladin und 1000 und 1 Nacht entführt. In kleine Gassen mit bunt bekleideten Menschen, Eseln, Kamelen, exotischen Gewürzen und intensiven Düften. Auch wenn die Sonnenaufgänge in Marokko durchaus ihren Reiz haben, waren es doch die Sonnenuntergänge, die einen ganz besonderen Zauber versprühten. Dieses Farbspiel, welches das karge, beige Land mit dem orange-farbenem Himmel verschmelzen ließ, während ich irgendwo zwischen Himmel und Erde, im Wasser die letzten Wellen des Tages surfte.
Was für die australischen Surfer Bali ist, ist Marokko für uns europäische Surfer. In nur wenigen Flugstunden findet man sich in einer anderen Welt wieder, es ist warm, günstig, exotisch und bietet unzählige verschiedene Surfspots. Die Wellen des Königreichs zeigen sich bei Winter Off-shore Winden in ihrer vollen Perfektion und sind einer der besten Gründe, das kalte Deutschland für einen Trip in die Sonne zu verlassen. Die Haupt-Surfsaison ist von Oktober bis März, wobei der größte Swell im Dezember und Januar an der kargen Küste ankommt.
Der Surf
Als wir Anfang Dezember beschließen einen spontanen Kurztrip nach Marokko zu machen, fällt unsere Wahl auf Taghazout, ein kleines Fischerdorf, das sich inzwischen zum Surfmekka Marokkos gewandelt hat. Wir kommen im neu eröffneten Solid Surf & Yoga Camp im 4 km entfernten und ruhig gelegenen Tamraght unter. Der kleine Ort liegt in den kahlen, roten Hängen vor dem Atlantik und gibt in den schmalen, verwinkelten Gassen immer wieder den Blick auf den Surfspot Devils Rock frei. Neben ein paar kleinen Tante Emma Läden und Surfcamps findet man hier vor allem Ruhe und Entspannung. Tamraght ist der perfekte Ausgangsort um die ca. 20 Spots in der Nähe zu erkunden. Die Vielzahl und Dichte an Spots auf so kurzer Distanz ist wirklich ungewöhnlich und ermöglicht recht schnelle Spotchecks. Die Fahrt auf der Küstenstraße durch sandfarbene Ortschaften und steppenartige Landschaft neben dem tiefblauen Ozean zeigt wie kontrastreich Marokko sein kann. Um all die Spots der Gegend zu erkunden braucht man unbedingt einen Mietwagen oder Spottransfer vom Surfcamp!
Auf dem Küstenabschnitt findet man eigentlich immer irgendwo eine Welle. Wenn es groß ist, findet sich eine Bucht mit kleineren Wellen in der Nähe und andersherum. Als es an einem Tag in Taghazout flat war, fanden wir 1 Stunde nördlich, in Tamri, noch kopf-hohe Wellen… Ca. 1,5 Stunden von Taghazout entfernt liegt Immsouane, ein karges, authentisches Dorf mit einer der längsten Wellen Marokkos, die auch immer einen Ausflug wert ist. Wir bekamen während unseres Aufenthalts die volle Bandbreite des Atlantiks zu spüren, von Sturm, Regen, Sonne, Hitze, Double-overhead, flat bis clean und schulterhoch war in dieser Dezemberwoche alles dabei.
Der bekannteste Spot rund um Taghazout ist Anchor Point. Der rechte Pointbreak hat einen sketchy Einstieg über Steine, bietet nach dem steilen Take-off dann aber Rides von mehreren hundert Metern – sogar bis zu einem Kilometer… Als an den ersten Tagen mit dem Ausläufer des Sturms noch 7ft ankamen, lieferten die Locals und einige Touris eine tolle Show, die wir von den vorgelagerten Steinen aus beobachteten. Das Line-up war trotz der heftigen Bedingungen gut gefüllt, aber sobald man Anchor Point verlässt findet man auch recht leere Spots. Mysteries, eine Rechte gleich neben Anchor Point hatten wir z.B. meist für uns. Neben den Pointbreaks gibt es rund um Taghazout auch einige Beachbreaks, die für Anfänger geeignet sind, wie Devils Rock, K12 oder Banana Beach. Banana Beach ist nach der Bananen Plantage entlang des Flussbetts benannt. Die lange Rechte ist vor allem bei Longboardern beliebt und läuft am besten bei Low Tide. Auch nach dem Surf ist Banana Village einen Besuch wert, da es dort mit die besten Tajines (Schmorgericht) gibt.
Kultur
Nach dem Surf gibt es das Nationalgetränk Pfefferminz Tee, der eigentlich den ganzen Tag über getrunken wird und den man auch in den kleinen Geschäften während des Verhandelns angeboten bekommt. Frische Minze wird in einem orientalischen Teekessel mit heißem Wasser übergossen, nicht zu sparsam gezuckert und das Tee-trinken anschließend genüsslich zelebriert. Aber nicht nur beim Tee trinken lassen sich die Marokkaner gerne Zeit. Stress ist ihnen ein Fremdwort und sie leben einfach in den Tag hinein. Dieser relaxte Vibe schafft es auch einen Kurztrip zu einem entspannten Urlaub werden zu lassen.
In Taghazout hat der Massentourismus noch kein Einzug gehalten, neben Surfcamps findet man viele einfache Appartements, die oft direkt am Meer liegen. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein… die wenigen Straßen sind nicht geteert und beim schlendern durch die verwinkelten Gassen findet man in den kleinen dunklen Läden alles, was man braucht. Von frischem Obst, Nüssen, Gemüse bis Mehl und Deo. Das Leben spielt sich auf den staubigen Straßen ab, Jung und Alt sitzen bei Couscous und Minztee zusammen und man wird freundlich aufgenommen.
Da Marokko streng muslimisch ist, gibt es in den Restaurants und Bars keinen Alkohol – wer auf sein After-Surf Bier nicht verzichten möchte, findet aber einen Weg… Demzufolge ist es auch selbstverständlich keine Miniröcke zu tragen, sondern sich für ein Muslimisches Land angemessen zu kleiden. Dann hat man es als blondes Mädel auch recht entspannt!
After Surf
Zum Orient gehört natürlich auch ein Besuch eines Marktes, eines sogenannten Souks, zum Beispiel der von Agadir. In den unzähligen Reihen voller bunter Kleidung, Gewürzen und Souvenirs wird gefeilscht, was das Zeug hält. Aber Achtung, montags hat der Souk geschlossen.
Sollten die Wellen mal ausbleiben oder die Arme nicht mehr mitmachen, empfiehlt sich auch ein Ausflug ins Paradise Valley. Leider war der Zugang in das grüne Tal des Atlasgebriges bei unserem Besuch nach heftigen Regenfällen versperrt, aber was wir davon gehört haben, klingt sehr vielversprechend! Das nächste Mal dann…
Anreise
Am besten direkt nach Agadir, von dort sind es nur noch 30 Minuten nach Taghazout. Oder aber nach Marrakesh und die Hauptstadt noch für ein paar Tage erkunden, bevor es ans Meer geht. Die Fahrt von Marrakesh nach Agadir dauert ca. 3 Stunden und kostet mit Supratours ca. 10 €.
Unterkunft
Entweder ein Appartment und einen Mietwagen organisieren oder sich in eines der Surfcamps einbuchen und vom Wissen der Locals profitieren. In Tamraght befinden sich das komfortable West Surf Morocco das auch in Agadir ein Camp hat sowie das chillige Solid Surf & Yoga House