Kann man nachhaltige Surfboards produzieren?
Wir Surferinnen möchten unseren geliebten Playground, den Ozean, schützen und bewahren und deshalb am liebsten auf Boards surfen, die so nachhaltig wie möglich produziert wurden. Doch wie nachhaltig kann man Surfboards heute herstellen und wie gut ist ihre Performance? Wir sprachen mit Annette Veihelmann, die seit über 22 Jahren bei Mervin / Lib Tech als Art Directorin arbeitet. Als Frau von Pete Saari, einem der Gründer von Mervin, hat sie tiefe Einblicke in die Produktion und verrät uns hier, welche Boards sie am liebsten surft und wie diese nachhaltig hergestellt werden.
Hallo Annette, kannst dich uns bitte kurz unseren Leserinnen vorstellen.
Hallo! Ich komme ursprünglich aus Berlin, bin aber nach dem Abitur in den USA zur Uni gegangen wo ich Graphic Design studiert habe und nebenher mit Surfen (und Snowboarden) angefangen und mich in den Pacific Northwest verliebt habe.
Nach meinem Studium wurde ich als Graphic Designerin bei Lib Tech eingestellt. 22 Jahre später… immer noch super glücklich bei Lib Tech, lebe ich samt Mann und Kindern in Port Angeles, Washington.
Wann warst du das letzte Mal surfen und welches Board bist du gesurft?
Gestern und es war verrückt. Stürmisch und totales Chaos. Also „victory at sea“ !
Ich hatte mein 5‘1“ Puddle Jumper und es war eher ein non-stop Paddle- und Duck Dive-Festival… gutes Workout aber, ha ha.
Hast du ein Lieblings-Surfboard? Wenn ja welches und warum?
Hm, irgendwie bin ich immer auf der Suche nach DEM Lieblingsboard, kommt auch irgendwie auf die Wellen an.
Aber wenn die Wellen mittel groß sind, surfe ich mein 5‘1“ Puddle Jumper sehr gerne weil es speedy und für mich leichter zu manövrieren ist. Wo ich meistens surfe, sind die Wellen oft allerdings nicht so groß oder powerful, sodass ich oft mein 5‘2“ Freak Flag Bean Bag surfe. Das Bean Bag ist vor allem super, wenn die Wellen klein anfangen und während der Session dann doch größer werden, da das Bean Bag bei kleinen aber auch bei größeren Wellen für mich ok ist. Aber lieber surfe ich mein Puddle Jumper, weil das, jedenfalls in meinem Fall, oft bedeutet, dass die Wellen dann besser sind. 🙂
Erzähl uns bitte mehr über dein Job bei Mervin… 22 Jahre ist ja ne super lange Zeit!
Ich bin seit 2000 bei Mervin und mache seit dem das Graphic Design für Lib Tech und Mervin. Also ich gestalte die Boards mit der schönen Kunst, die wir von unseren verschiedenen, super talentierten Künstler:innen bekommen, mache die Kataloge, Werbeanzeigen, Flyer, Sticker, Web Banner, Socials (die irgendwie ein Design Element haben) eben alles Marketing was irgendwie designed werden muss für alle Kategorien von Lib Tech (Surf, Snow, Ski, Skate, Apparel, Accessories). Alles natürlich mit der Hilfe und den Ideen der beiden Lib Tech Gründer Pete Saari und Mike Olson und unserer kleinen internen kreativen Crew sowie Rider:innen, Künstler:innen und Fotograf:innen…
Die Lib Tech Boards erkennt man schnell an ihrem Look. Wie würdest du das Design beschreiben?Und wie findest du all die tollen Künstler:innen?
Ich finde, Lib Tech Boards haben oft ein Feeling von Fine Arts mit einem gewissen Twist. Die Kunst ist oft mit definierten Pinselstrichen und kräftigen Farben auf große Leinwände, Papier, Holz oder Pappe gemalt. Dabei geht es von schönen und manchmal mysteriösen Themen oder Landschaften über Kohlezeichnungen, Stift und Tinte bis hin zu Wasserfarben. Aber auch digitale Fotos und Multimedia-Kunst kommt bei uns zum Einsatz.
Ich LIEBE die Künstler:innen, mit denen wir jedes Jahr arbeiten und freue mich natürlich auch immer neue kennenzulernen – jedes Jahr stoßen ein oder zwei Neue dazu.
Mike Parillo ist schon ewig dabei und ich bin immer wieder neu überrascht, was er jedes Jahr Tolles für uns mit seinem Pinsel zaubert. Jamie Lynn’s Stil ist jedem bekannt, aber ich bekomm davon nicht genug und liebe seine breiten Linien, Farben und Themen immer wieder auf‘s Neue. Quincy Quigg… eine interne Legende. Er hatte in der Factory angefangen Bretter zu bauen, dann allen zunächst mit seiner Resin Art imponiert und von da an coole, slightly creepy, edgy Kunst aus Acryl, Tinte, und Sprühfarbe gemacht. Nick Russian, der auch schon ewig intern bei Mervin arbeitet und seit langem nebenher wunderbare Kunst produziert, die man vor allem auf älteren Boards bewundern kann, ist spitze und viel zu bescheiden… um nur einige zu nennen.
Für unsere Snowboards arbeiten wir auch unter anderem mit Künstler Steven Valliere, der eigentlich in der Surf Art Szene sehr bekannt ist, aber bei uns mit seinen dicken Farb-Pinselstrichen und vibrierenden Farben Leben in unsere Snowboards bringt. Matt Biolos‘ Lost X Lib Tech Snowboards haben auch immer einen coolen edgy Look und sind ein direkter Link zu den Surfboards, die wir mit ihm machen.
Und es gibt noch soooo viele tolle interessante Künstler (Ray Troll, Aron Fredriksson, Ryan Schmies, Adam Friedman, Tavis Coburn, Ryder Biolos, Javier Mendizabal, Evan Whitehead, Andrew Shoultz, Schoph, Ryan Davis, Pika Burtner, Gianna Andrews etc.). Sie alle verdienen es genannt zu werden, da Lib Tech durch sie geprägt wurde und auch in Zukunft geprägt werden wird…. haha, wieviel Platz habt ihr mit dem Interview?
Kurz, ich/ wir haben echt großes Glück mit so vielen talentierten, lieben, lustigen, interessanten Künstler:innen zusammenzuarbeiten, die meistens auch selbst Snowboarden, Skaten, oder Surfen, also Mervin’s Kultur verstehen, lieben und leben.
Bei den Surfboards bestimmte dagegen lange Zeit die besondere Bauweise das Design. Inzwischen ist das anders, eure Boards sind jetzt auch weiß…. Habt ihr die Konstruktion geändert? Und wie beeinflusst das die Performance?
Ganz am Anfang von Lib Tech Surf, hatten wir auch viel und crazy Kunst auf den Surfboards. Aber dann haben wir uns mehr auf die Konstruktion konzentriert und die Boards simpler gelassen. Das Hex-Pattern war sehr prominent und brauchte nicht unbedingt so viel Kunst.
Unsere Surfboard Konstruktion ist eine ständige Evolution. Es ist nämlich gar nicht so leicht so umweltfreundliche Boards, die gleichzeitig noch so stabil und responsive sind zu bauen. Mike (Olson) hat viele Jahre herumexperimentiert, um es zu perfektionieren und auch dieses Jahr wurde die Konstruktion wieder verbessert, indem er und seine Crew die Boards noch leichter als zuvor gemacht haben. Weiterhin ist unsere neue Konstruktion heller (weißer) als zuvor.
Dadurch das die Boards jetzt leichter sind, spürt man das auch in der Performance. Stabil sind die Boards aber wie eh und je. Hier findest du weitere Information zu Konstruktion und Technologie der Lib Tech Surfboards: www.lib-tech.com/surf/technology“
Spürst du beim Surfen einen Unterschied zu den älteren Lib-Tech Boards?
Ich bin da nicht ganz so feinfühlig wie erfahrenere Surfer:innen, aber Ich bin ziemlich klein und das leichtere Gewicht macht einen Unterschied. Da unsere Boards so lange halten, habe ich natürlich auch noch alte Boards, die ich ab und zu surfe. 🙂
Kannst du uns bitte mehr über die neue Technologie „Techno Pop“ erzählen. Was genau ist das und in welchen Modellen wird sie verwendet? Wird sie zukünftig auch in anderen Boards verbaut?
Wir benutzen Techno Pop in Mason HO’s Little Wing Thumb Tail High Performance Shortboard. Dies macht in dem Board besonders Sinn, weil, wie schon angedeutet, ist unsere neue Konstruktion viel leichter als zuvor und somit Performance optimierter. Der Prozess ist natürlich streng geheim, aber beinhaltet eine „Techno Treated“ Verbesserung unserer Thermo Fusion Honeycomb Power Panels sowie acht parallel laufende high-end Carbon Taue auf Deck und Bottom, die zur Präzision-Flex-Abstimmung beitragen.
Unsere anderen Boards wurden auch schon durch Verbesserungen leichter (und heller), aber ich kann mir vorstellen das wir auch in anderen Modellen Techno Pop einführen werden, wo es Sinn macht. (Wir benutzen Techno Pop z.B. bereits in zwei unserer Wake Surf Modelle).
Was macht eure Surf-Range so besonders?
Ich denke mal, hauptsächlich ihre umweltfreundliche Herstellung und langanhaltende Stabilität. Wir surfen oft über Steinstrände und ich musste bisher noch nie eins von unseren Boards reparieren, wenn ich es an Tagen, an denen ich ohne Leash gesurft bin, mal verloren habe und mein Board über Steine gespült wurde. Auch der Fakt, dass unsere Arbeiter keine Giftstoffe einatmen müssen, wenn sie an den Boards arbeiten, ist beruhigend.
Die Surfboards von euch sollen ja stabiler und robuster sein – hattest du schon mal ein Ding in deinen Boards? Wie ist es beim Reisen? Kann man sie ganz normal mit Solarez reparieren?
Ich selbst hatte noch kein Ding in meinen Lib Tech Boards, das ich reparieren musste, obwohl ich totale Butter Finger habe und mir schon oft mein Board aus der Hand gerutscht ist oder wie zuvor erwähnt sie manchmal über Steine gespült werden.
Aber es kann natürlich trotzdem passieren und dann kann man es wie ein traditionelles Board reparieren. Aber auch ok, wenn das nicht sofort möglich ist, da der Foam kein Wasser aufsaugt. Beim Verreisen ist das natürlich total praktisch, wie jede/r Surfer:in weiß, kommt es vor, dass traditionelle Boards nicht immer heil am Urlaubsort ankommen… während ich mit Lib Tech’s noch nie Probleme hatte…. Knock on wood!
Welchen Stellenwert hat Nachhaltigkeit bei Mervin und wie setzt ihr das konkret bei den Surfboards um?
Nachhaltigkeit hat seit Mervin’s Beginn vor über 30 Jahren schon immer einen hohen Stellenwert. Mike und Pete (die Gründer von Mervin) hatten kaum Geld und Materialen waren schwer zu bekommen, sodass sie es sich nicht leisten konnten Materialien zu verschwenden. Außerdem wollten sie selbst nicht in einer giftigen, umweltschädlichen Fabrik arbeiten und als sie dann auch noch Freunde eingestellt hatten, wollten sie diese erst recht nicht in ungesunden Bedingungen arbeiten lassen.
Hinzu kommt noch, dass es ihnen natürlich wichtig war und ist, die Natur in der sie ihre Produkte benutzen, so wenig wie möglich mit ihrem Produktionsprozess zu schädigen. So werden Lib Tech Surfboards zum Beispiel mit pflanzenbasiertem Bio Harz verarbeitet, sowie recyclebarem Foam, der auch selbst zum Teil aus recycletem Material besteht. Alle Reste und Schaumstaub werden wieder zu Foam verarbeitet und benutzt. Dadurch, dass Lib Tech‘s Materialien zu einen langlebigen Surfboard führen, halten sie länger und bleiben somit von Müllhalden fern.
Aber wie gesagt, es ist unmöglich etwas zu erschaffen ohne irgendeinen Einfluss auf den Planeten zu haben. Aber unsere Fabrik ist hier bei uns, also kontrollieren wir jede Variable. Unsere Crew ist in der Lage neue Ideen und Materialien sehr schnell umzusetzen, was spannend und uns motiviert uns ständig zu verbessern und auf umweltfreundlichere Prozesse/Materialien und Nachhaltigkeit hinzuarbeiten.
Ihr produziert seit Anfang an in den USA. Könnt ihr da wettbewerbsfähig bleiben oder merkt ihr, dass die Leute auch bereit sind für Qualität und Nachhaltigkeit zu bezahlen?
Mervin betreibt seit vielen Jahren eine eigene Fabrik, die sowohl auf der Material- als auch auf der Produktionsseite einige überraschende Effizienzen bietet. Dazu gehört auch eine erstaunlich talentierte Handwerker:innen-Crew. Lib Tech hat sich schon immer auf das obere Ende des Geschäfts konzentriert und festgestellt, dass die Menschen bereit sind, mehr für qualitativ hochwertige und umweltfreundlichere Produkte zu bezahlen.
Kann man bereits 100% nachhaltige Surfboards bauen?
Ich glaube, es ist sehr schwer 100% nachhaltig in irgendeiner Produktion zu sein. Einen gewissen Fußabdruck hinterlässt man leider fast immer. Lib Tech ist „environmentally nicer!“ aber natürlich ist auch Lib Tech noch verbesserungsfähig und unsere Produktions-Evolution geht weiter.
Warum verwenden deiner Meinung nach so viele Shaper:innen immer noch PU-Schaum und giftige Harze?
Hm… ich würde sagen Veränderung ist schwierig. Mike Olson und seine Crew hat über zehn Jahre gebraucht, um einen umweltfreundlicheren Prozess zu entwickeln der gleichzeitig langhaltende Boards hervorbringt und auch dieser Prozess entwickelt sich ständig weiter. Aber es gibt natürlich auch etwas Magie in handgeformten Prototypen, welche es erlaubt haben, dass sich Surfboards durch alle Epochen weiterentwickeln konnten… So hoffe ich, dass auch diese Shaper:innen umweltfreundlichere Wege finden. Das one-off Custom Surfboard ist etwas Magisches, das Surfen zu etwas Besonderem macht und die Designentwicklung vorantreibt.
Was ist die Vision für die Zukunft? Wie sind die nachhaligen Surfboards der Zukunft?
Ich denke, Lib Tech‘s Konstruktion wird sich weiterentwickeln, um noch leichter und umweltfreundlicher zu sein.
In gewisser Weise sind wir schon die Boards der Zukunft: weniger Harzbelastung, längere Lebensdauer, hohe Leistung. Es kommen außerdem ein paar aufregende neue Shapes von Matt Biolos in der nahen Zukunft in das Lib Tech Line Up.
Danke für deine Zeit Annette und wir freuen uns schon auf die nachhaltigen Boards mit den neuen Grafiken :)!
Ich danke euch ganz herzlich für diese Möglichkeit diesen Teil von Lib Tech zu teilen!!
Hier findest du nachhalige Surfboards von Lib Tech für River & Rapid Waves und den Ozean.
Hier die ganze Surf Range von Lib Tech
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